Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) nimmt nach Vorwürfen gegen das Klinikum Oldenburg dessen Krebszentren genau unter die Lupe. "Wir sind dabei, die Zertifikate für das Brust- und Prostatakrebszentrum zu überprüfen", sagte DKG-Sprecherin Katrin Mugele am Montag. NDR und Nordwest-Zeitung hatten zuvor berichtet, dass in Oldenburg überdurchschnittlich viele Patienten während und nach komplizierten Eingriffen an der Bauchspeicheldrüsen gestorben seien. Die Klinik hält dagegen, die Sterberate sei keinesfalls im "außergewöhnlichen Bereich".
Das Bauchspeicheldrüsenzentrum musste bereits sein Zertifikat abgeben, weil es die Anforderungen der DKG nicht erfüllt. Gleiches gilt für das Darmkrebszentrum. Die Zertifizierung sei freiwillig, betonte Klinikumsvorstand Dirk Tenzer. Die Chirurgen würden weiterhin an den Krebszentren operieren. "Die Legitimation, Operationen durchzuführen, hängt an der unzweifelhaft vorhandenen Facharztqualifikation unserer Operateure und nicht an dem Vorhandensein eines freiwilligen Zertifikates."
Der NDR hatte unter Bezug auf einen ehemaligen Mitarbeiter des Klinikums berichtet, zwischen April 2017 und Februar 2018 seien 6 Patienten bei 20 Bauchspeichel-OPs gestorben - eine Sterberate von 30 Prozent. Diese Zahlen waren in die letzte Zertifizierung allerdings nicht eingeflossen. Die DKG betrachtet dafür zum Beispiel rückblickend die Komplikationen während Operationen und Sterbefälle, aber auch auf die Qualifikation der Chirurgen. Der letzten Überprüfung lag der Stand von 2016 zugrunde.
Das Klinikum Oldenburg nannte dagegen andere Zahlen. Nach einer Überprüfung im Februar habe es seit vergangenem April 39 Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gegeben, in deren Folge 9 Patienten gestorben seien. Das wäre eine Sterberate von 23 Prozent. "Wir lassen aktuell alle Todesfälle im Bereich der Pankreaschirurgie vorsorglich extern überprüfen", sagte Tenzer.
Am Klinikum Oldenburg ist das ein sensibles Thema. Der Ex-Pfleger Niels Högel hatte dort über Jahre Patienten getötet. Nach Ansicht der Ermittler gab es auf Hinweise darauf, dass ungewöhnlich viele Patienten auf der Intensivstation starben. Das Klinikum versetzte Högel erst auf eine andere Station und lobte ihn dann mit einem guten Zeugnis weg.
Die Vorgänge am Klinikum Oldenburg könnten auch ein politisches Nachspiel haben. "Wir erwarten von den Krankenhäusern, dass sie sich mit den Sterblichkeitsraten intensiv auseinandersetzen und ihre Prozesse mit Blick auf eventuelle Defizite überprüfen", teilte Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) auf Anfrage mit. Sie habe deshalb einen Bericht bei dem Krankenhaus angefordert.
Die Grünen im niedersächsischen Landtag sehen bei der Aufklärung aber auch das Ministerium selbst in der Pflicht. "Es kann nicht sein, dass solche Fälle erst durch die Presse öffentlich gemacht werden", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Meta Janssen-Kucz.
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