Zuletzt war die Zahl neuer Coronavirus-Infektionen etwas zurückgegangen, doch plötzlich werden wieder deutlich mehr Fälle in der Statistik erfasst. Hintergrund sind neue Kriterien dafür. Nach Kritik werden zudem zwei lokale Parteichefs abgelöst.
Eine neue Einstufung der Ansteckungen in der schwer vom Coronavirus Sars-CoV-2 besonders betroffenen Provinz Hubei in Zentralchina hat zu einem drastischen Anstieg offiziell gemeldeter Fälle geführt. Die Zahl erfasster Todesfälle habe sich mit 242 innerhalb eines Tages mehr als verdoppelt, berichtete die Gesundheitskommission der Provinz. Die Zahl neuer Infektionen in Hubei verzehnfachte sich im Vergleich zu den Tagen davor fast: Mehr als 14.800 Fälle kamen hinzu. Allein in Hubei gibt es damit nun gut 48.200 offiziell erfasste Infektionen, landesweit sind es mindestens rund 59.000.
Wie die Gesundheitskommission der Provinz Hubei mitteilte, wurde die Erfassung von Diagnoseergebnissen nach einer Untersuchung "überarbeitet". Patientinnen und Patienten seien gemäß der neuen Klassifikation hinzugefügt worden. Demnach werden seit 13.02.2020 auch klinische Diagnosen in die Statistik bestätigter Fälle aufgenommen.
Wie die Zeitung "China Daily" unter Berufung auf chinesische Fachleute erläuterte, können Ärztinnen und Ärzte jetzt eine offizielle Diagnose stellen, die auf einer Kombination von Faktoren wie Lungenbildern, dem physischen Zustand und der epidemiologischen Vorgeschichte beruht. Bislang waren demnach nur Tests im Labor dafür maßgeblich. Mit diesem Verfahren waren aber wohl viele Erkrankungen erst nach drei oder vier Tests auch tatsächlich als Sars-CoV-2-Infektion erkannt worden.
Generell vermuten Fachleute eine sehr hohe Dunkelziffer im Land. So sind die Möglichkeiten für Labortests begrenzt. Zudem erscheint das sich wandelnde Berichterstattungssystem Chinas mit unterschiedlichen Definitionen der einzelnen Fälle kompliziert. Die täglich berichteten Zahlen repräsentieren laut Expertenmeinung somit eher die Fähigkeiten, Fälle zu identifizieren und zu melden, als das wirkliche Ausmaß der Epidemie.
Nach der überraschenden Mitteilung aus der Provinz, in der die Lungenkrankheit ursprünglich in der Stadt Wuhan ausgebrochen war, meldete Pekings Gesundheitskommission zunächst keine landesweiten Zahlen. Rund zwei Monate nach dem Ausbruch der Epidemie gab es indessen weitere personelle Konsequenzen: Die Parteichefs sowohl der Provinz als auch der Metropole Wuhan wurden abgelöst, wie das Staatsfernsehen berichtete. Zuletzt war die Kritik an der Untätigkeit oder langsamen Reaktion der Behörden auf den Ausbruch immer lauter geworden.
Der Parteichef der Provinz Jiang Chaoliang wurde von Shanghais Bürgermeister Ying Yong ersetzt, der als Schützling von Staats- und Parteichef Xi Jinping gilt. In Wuhan wurde der städtische Parteichef Ma Guoqiang vom bisherigen Parteichef der Metropole Jinan in der Provinz Shandong abgelöst. Bereits am 11.02. waren die Chefs der Gesundheitskommission der Provinz entlassen worden. Die Personalwechsel werteten Beobachtende als Zeichen der Unzufriedenheit der chinesischen Führung mit der örtlichen Politik.
Für landesweite Bestürzung und Anteilnahme hatte vergangene Woche der Tod des Arztes Li Wenliang gesorgt, der früh vor dem Ausbruch einer neuartigen Lungenkrankheit gewarnt hatte, aber laut Berichten gezwungen wurde, diese "Gerüchte" nicht weiter zu verbreiten. Der 34-Jährige starb, weil er selbst an Covid-19 erkrankte. Die Parteiführung entsandte vor knapp einer Woche eine Kommission nach Wuhan, um die "Fragen des Volkes" zu den Vorfällen zu untersuchen.
Um weiterhin auf dem Laufenden zu bleiben, melden Sie sich für unseren CME-zertifizierten Covid-19 Livestream an. Zusätzlich finden Sie hier die Aufzeichnungen aller vorangegangenen Livestreams.