Sachsen hatte in der Corona-Krise vergleichsweise früh und Schritt für Schritt seine Schulen wieder geöffnet. Nun liegen erste wissenschaftliche Belege vor, dass man richtig damit lag.
Schulen in Sachsen haben sich nach ihrer Wiedereröffnung in der Corona-Krise nicht als Hotspots bei Infektionen erwiesen. Das ist ein Ergebnis einer Studie der Universitätsklinik Dresden, deren erste Phase vorgestellt wurde. In einigen Schulen habe es bestätigte Corona-Fälle gegeben. Dennoch seien bei Lehrerschaft und Schülerschaft dort nicht überdurchschnittlich mehr Antikörper nachweisbar. Die Dynamik der Virusverbreitung sei bisher überschätzt worden, hieß es.
Das bedeute aber nicht, dass das Virus weniger gefährlich ist, sagte Studienleiter Reinhard Berner: "Ich habe großen Respekt vor diesem Virus." In den vergangenen Wochen habe man aber gelernt, dass sich Coronaviren weder in Haushalten mit Kindern noch in Schulen und Kindergärten enorm weiterverbreiten. Dennoch seien die von der Politik getroffenen Maßnahmen richtig gewesen. Genauso richtig sei es aber, Schulen und Kitas unter bestimmten Voraussetzungen wieder zu öffnen.
Das Uniklinikum Dresden hatte im Mai 2020 eine Studie zur Verbreitung des Sars-CoV-2-Virus an Schulen in Dresden und in den Landkreisen Bautzen und Görlitz begonnen. In der ersten Testphase untersuchte man 1.541 SchülerInnen und 504 LehrerInnen. Die Studie solle Aufschluss über den aktuellen Immunitätsstatus der Betroffenen geben und sei repräsentativ für Regionen mit niedrigen Infektionszahlen, hieß es.
Bei zwölf der 2.045 Blutproben ließen sich zweifelsfrei Antikörper gegen den Erreger Sars-CoV-2 nachweisen. "Damit liegt der Immunisierungsgrad in der Gruppe der Studienteilnehmer bei deutlich unter einem Prozent (0,6 Prozent) und fällt geringer aus als prognostiziert", so Berner. Er zog auch ein positives Fazit mit Blick auf die Verbreitung des Virus in Familien. In 24 Familien von Teilnehmenden habe es mindestens einen bestätigten Corona-Fall gegeben, aber nur bei einer Testperson ließen sich Antikörper nachweisen.
"Wir gehen in die Sommerferien 2020 mit einem Immunitätsstatus, der sich nicht von dem im März 2020 unterscheidet", erklärte Berner. Diese Untersuchungsergebnisse lieferten Hinweise darauf, dass die Virusübertragung in Familien nicht so dynamisch geschieht wie bisher angenommen. Der größte Teil der Schulkinder habe trotz eines Infektionsfalls im Haushalt selbst keine Infektion durchgemacht. Auch diesen Befund müsse man bei einer neuen Entscheidung über Maßnahmen der Kontaktbeschränkung nachdenken. Nach den Worten von Berner sind weitere Testreihen geplant. Auch in Kitas wolle man Untersuchungen durchführen.
Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) kündigte an, dass die Schulen im Freistaat nach den Sommerferien wieder im Normalbetrieb beginnen. Das sei aber nur möglich, wenn man weiter vorsichtig mit dem Virus umgehe.
Piwarz zufolge waren die SchülerInnen zuletzt mit sehr unterschiedlichen Lehr- und Lernvoraussetzungen konfrontiert: "Es ist daher besonders wichtig, für jeden Schüler den Nachholbedarf zu bestimmen und die ermittelten Defizite in der Unterrichtsplanung für das neue Schuljahr zu berücksichtigen." Der Pflichtunterricht habe dabei höchste Priorität. Schulschließungen würden nur die Ultima Ratio sein. Das Recht auf Bildung und Chancengerechtigkeit dürfe in der Abwägung mit Infektionsschutzmaßnahmen nicht leichtfertig unter die Räder geraten.
Allerdings will man auf zeitlich und lokal begrenzte Schließungen vorbereitet sein. "Die Organisation häuslicher Lernzeit ist bei der Planung des Schuljahres von Anfang an zu berücksichtigen, damit die Schüler umfassend betreut und begleitet werden können", so Piwarz. Jede Schule soll einheitliche Lösungen in der Kommunikation und beim Fernunterricht etablieren. Der Mindestabstand von 1,5 Metern gilt nicht mehr. Die Schulleitungen können selbst festlegen, wann und wo im Gelände eine Maske zu tragen ist. Eine Gesundheitsbestätigung - wie bisher an den Grundschulen üblich - soll es nicht mehr geben. Händewaschen oder Desinfektion sind Pflicht.