Weniger als die Hälfte der psychisch Kranken in Deutschland bekommt einer Schätzung zufolge eine Therapie. Viele müssen lange Zeit auf ihre Behandlung warten. Hamburger Wissenschaftler glauben, das man den Betroffenen schneller helfen könnte, und zwar online.
Wissenschaftler am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf wollen psychisch kranken Menschen über ein Online-Programm helfen. Dafür haben sie das Versorgungsmodell "Recover" ("gesund werden") entwickelt, wie das Klinikum mitteilte. Derzeit läuft eine Studie, bei der die Vor- und Nachteile der Online-Therapie erforscht werden. Die Mitarbeiter der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie glauben, dass sie Menschen mit Depressionen, Drogenerkrankungen oder Bipolaren Störungen besser, effizienter und kostengünstiger auf diese Weise versorgen können.
Zunächst sollen 1070 Patienten an der Studie teilnehmen. Die Hälfte von ihnen soll Beratung und Diagnostik sowie Therapie und Lernmodule über das Internet bekommen. Die andere Hälfte wird nach herkömmlicher Art behandelt. "Die bisher vorliegenden Studienergebnisse sind äußerst positiv", erklärte Studienleiter Prof. Martin Lambert. Nach Ablauf der Probephase im nächsten Jahr könnte das Hamburger Modell bundesweit angeboten werden.
Pro Jahr sind nach Angaben der Wissenschaftler rund 15 Millionen Menschen in Deutschland von mindestens einer psychischen Erkrankung betroffen. Nur 40 Prozent der Betroffenen erhalten laut einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Therapie. Auf ein Erstgespräch müssen viele Patienten oft monatelang warten. Es mangele vor allem an ambulanten Therapieangeboten, hieß es.