Die Studie (DOI: 10.1097/AOG.0000000000000981), die im Journal of Obstetrics and Gynecology veröffentlicht wurde stellt fest, dass viele Frauen die Krankheit langfristig überleben, obwohl sie eigentlich von Faktoren betroffen sind, die mit schlechter Prognose und kurzer Überlebenszeit assoziiert sind. Faktoren wie zum Beispiel höheres Erkrankungsalter oder eine späte Erstdiagnose.
“Die Annahme, dass beinahe alle Frauen an dieser Krankheit sterben würden ist nicht korrekt”, sagt Studienleiterin und Erstautorin Rosemary Cress, vom Department of Public Health Sciences an der University of California-Davis (UC Davis).
Cress fügt hinzu: “Die Erkenntnisse unserer Studie werden für viele Ärzte hilfreich sein, die die Diagnose Eierstockkrebs bei ihren Patienten stellen. Auch die Gynäkologen, welche die Patienten nach der Behandlung versorgen, können von den neuen Ergebnissen profitieren.”
Jährlich erkranken in den USA rund 21.000 Frauen an Eierstockkrebs. Bei mehr als 14.000 dieser Frauen kann man davon ausgehen, dass sie an der Krankheit versterben werden. In Deutschland kommt es laut Robert Koch Institut Jährlich zu rund 7200 Neuerkrankungen von denen etwa 5800 versterben. Eierstockkrebs tritt am häufigsten bei älteren Frauen auf. Mehr als die Hälfte aller Fälle werden bei Frauen nach dem 63. Lebensjahr diagnostiziert.
Laut dem amerikanischen National Cancer Institutes’s Surveillance, Epidemiology and End Results Program (SEER), liegt die 5-jahres Überlebensrate bei Frauen mit Ovarialkarzinom bei 46,6%. In Europa bei ca. 42%. Obwohl es bisher nur wenige Studien gab, welche die langfristigen Überlebensraten untersucht haben, schätzt man sie über die 5 Jahre hinaus als sehr schlecht ein.
Mehr als 30% der Frauen mit Eierstockkrebs lebten 10 Jahre nach der Diagnosestellung noch
Für ihre Studie machten es sich Cress und ihrer Kollegen zum Ziel, die 10 Jahres Überlebensraten für Frauen mit Eierstockkrebs zu bestimmen.
Die Arbeitsgruppe analysierte dafür Daten aus dem California Cancer Registry. Sie fanden in den Datenbanken 11.541 Frauen bei denen zwischen 1994 bis 2001 die Diagnose Eierstockkrebs gestellt wurde. Alle Frauen hatten ein epitheliales Ovarialkarzinom, welches mit 9 von 10 Fällen die mit Abstand häufigste Form darstellt.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass von all diesen Frauen, 3582 (31%) zehn Jahre nach der Diagnose noch lebten. Zwischen diesen Langzeitüberlebenden fanden sich außerdem 954 Frauen, denen ein wahrscheinlich fataler Krankheitsverlauf vorausgesagt wurde. Grund waren vorhandene Risikofaktoren wie zum Beispiel ein hohes Alter bei Diagnosestellung, ein höheres Tumor-Grading oder eine späte Erstdiagnose.
“Wir waren ein bisschen überrascht von der großen Zahl von Langzeitüberlebenden, schließlich gilt dieser Krebs allgemein als besonders aggressiv und tödlich”, kommentiert Cress diese Erkenntnisse.
Obwohl es anhand der verwerteten Daten nicht möglich ist festzustellen, warum genau derart viele Frauen den Krebs überlebt haben, hat Co-Autor Gary Leiserowitz, vom Department of Obstetrics and Gynecology der UC Davis eine Vermutung dazu. Leiserowitz sagt, dass die BRCA1 und BRCA2 Genmutationen, welche bei manchen Patienten vorkommen, ein Grund dafür sein könnten. Patientinnen mit diesen Mutationen sprechen nämlich deutlich besser auf eine Chemotherapie an als Patientinnen ohne diese Variante.
Darüber hinaus beeinflussen im fortgeschrittenen Stadium viele biologische Unterschiede zwischen Patienten ihr individuelles Therapie- Outcome. Genauso wie unterschiedlich effektive Behandlungsstrategien die Überlebenszeiten verlängern oder verkürzen können.
Leiserowitz fügt an: “Diese Erkenntnisse sind sehr wichtig für die Beratung von Patienten. Obwohl viele Patientinnen und Ärzte wissen, dass Eierstockkrebs eine besonders gefährliche Krebsform ist, wissen die wenigsten um die sehr große biologische Variabilität zwischen den einzelnen Patienten. Eierstockkrebs ist auf gar keinen Fall das sichere Todesurteil.“
Auch wenn weitere Untersuchungen angestellt werden müssen, um festzustellen, warum einige Frauen mit Ovarialkarzinom langfristig überleben und andere nicht, sind diese neuen Erkenntnisse zumindest ein Hoffnungsschimmer für jene Tausende Frauen, bei denen jährlich die Erkrankung neu festgestellt wird.
Jacqueline Price, eine 74 jährige Eierstockkrebsüberlebende und Patientin von Leiserowitz, erhielt ihre Diagnose in Stadium 3 und im Alter von 60 Jahren. Sie ist davon überzeugt, dass die Ergebnisse der Studie vielen Frauen mit der Diagnose dabei helfen würden zu verstehen, dass sie kein “automatisches Todesurteil” ist. Es wird den Patienten einen gewissen Optimismus geben, welcher ja nachweislich einen positiven Einfluss auf die Bewältigung einer Krebserkrankung haben kann.
Cress meint das viele weitere Forschungsarbeiten folgen müssten, um ein besseres Verständnis bezüglich dem langfristigen Überleben von Eierstockkrebs zu erlangen. Gleichzeit merkt sie jedoch an, dass die meisten Wissenschaftler nicht über die nötigen Ressourcen verfügen, um Patienten über einen längeren Zeitraum hinweg zu begleiten.
“Der Vorteil unserer Studie war die Verfügbarkeit bevölkerungsbezogener Daten aus dem Krebsregister, die um mehr als 10 Jahre zurückgingen” sagt Rosemary Cress und bekräftigt noch einmal, dass nun die Mechanismen, die zum langfristigen Überleben beitragen untersucht werden müssten: “Zukünftige Arbeiten sollten die Daten des Registers aufbessern, indem mehr Details zur jeweiligen Behandlung sowie genomische Daten der Tumoranalyse mit in das Register aufnimmt. Nur so kann man am Ende den Beitrag dieser Faktoren mit Gewissheit aufklären.”
Text: esanum /pvd