Es gibt Krankheiten, die so schlimm sind, dass die Betroffenen lieber sterben wollen als zu leben. Doch der Staat legt ihnen Steine in den Weg. Ein Konflikt, der auch RichterInnen an ihre Grenzen bringt.
Haben Schwerkranke ein Recht auf Medikamente zur Selbsttötung? Nach mehreren Klagen von Betroffenen hat das Verwaltungsgericht Köln diese Frage an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verwiesen. Die in Köln anhängigen Verfahren, in denen mehrere Schwerkranke auf den Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung geklagt hatten, würden damit ausgesetzt, teilte das Verwaltungsgericht mit.
Harald Mayer ist einer von denen, die so krank sind, dass er nicht mehr leben will. Schon seit 20 Jahren leidet der ehemalige Feuerwehrmann aus Rheinland-Pfalz an Multipler Sklerose, er braucht Rollstuhl und mehrere PflegerInnen, seinen Alltag nennt er eine "Quälerei". "Für mich steht das Ergebnis fest: Ich will mein Leben beenden", sagt der 49-Jährige. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht 2017 entschied, dass Sterbewilligen in extremen Ausnahmesituationen ein Zugang zu einer tödlichen Dosis Betäubungsmittel nicht verwehrt werden dürfe, stellte er beim Amt einen Antrag auf ein entsprechendes Betäubungsmittel. Doch wie bisher bei allen anderen hieß der Bescheid vom Amt: abgelehnt.
Dahinter steckt die Order des Gesundheitsministeriums, die Anträge abzuweisen. Minister Jens Spahn (CDU) rechtfertigte dies mit einem vom Bundestag beschlossenen Verbot der Sterbehilfe. "Ich bewerte dieses Verhalten des Ministers für rechtsstaatlich äußerst bedenklich", sagte der Anwalt Robert Roßbruch bei der Verhandlung in Köln. Neben Mayer vertritt er mehrere andere Schwerstkranke. Für sie ist es ein Wettlauf gegen ihre Krankheiten, den manche bereits verloren haben.
Die zuständige Kammer in Köln hält ein generelles Verbot solcher Medikamente zur freiwilligen Selbsttötung im schweren Krankheitsfall für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies stehe jedoch offensichtlich im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers. Da man sich nicht darüber hinweg setzen könne, sollten die höchsten RichterInnen in Karlsruhe den Fall übernehmen. Eine Entscheidung, die so schon viel früher hätte fallen sollen, da sind sich Gericht, Kläger und Beklagte ausnahmsweise einig.
"Das ist eine super Entscheidung, zumal das viel schneller gehen sollte als der Weg durch die Instanzen", erklärte Roßbruch seinem Mandaten, nachdem die RichterInnen ihren Beschluss verkündet haben. Nur anderthalb, vielleicht zwei Jahre, werden seine Mandanten auf eine Entscheidung warten müssen, vermutet der Anwalt. Bei einem Ritt durch die Instanzen der Verwaltungsgerichte hätte es deutlich länger dauern können. "Das ist trotzdem noch eine lange Zeit", sagte Mayer zum Schluss. Für ihn sei jeder Tag Leben eine neue Herausforderung.