Eine angemessene Medikation im Alter versus Polypharmazie

In Untersuchungen zeigte sich, dass unerwünschte Arzneimittelwirkungen häufig das Resultat suboptimaler Versorgungsprozesse sind. Die Optimierung in der Arzneimitteltherapie, insbesondere bei der hoch vulnerablen Gruppe der Patienten in der Altenpflege, ist eine gemeinsame Aufgabe für Ärzte, Pflegekräfte und Apotheker.

Versorgungsprozesse müssen optimiert werden

In Untersuchungen zeigte sich, dass unerwünschte Arzneimittelwirkungen häufig das Resultat suboptimaler Versorgungsprozesse sind. Die Optimierung in der Arzneimitteltherapie, insbesondere bei der hoch vulnerablen Gruppe der Patienten in der Altenpflege, ist eine gemeinsame Aufgabe für Ärzte, Pflegekräfte und Apotheker.

Der durchschnittliche Altenheimbewohner nimmt heute pro Tag etwa 12 verschiedene Medikamente ein, vor allem gegen Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz. Deutschlandweit betrachtet kommt es in 46 % der Fälle zu arzneimittelbedingten Interaktionen und Nebenwirkungen. Etwa 30 % dieser Patienten landen dann aufgrund dieser unerwünschten Medikamentenwechselwirkungen sogar im Krankenhaus.

Ein neues Projekt für angemessene Medikation im Alter

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind oft das Ergebnis nicht aufeinander abgestimmter Prozesse zwischen Leistungserbringern in den mit der Pflege älterer Menschen betrauten Versorgungseinrichtungen. Dazu zählen in erster Linie Ärzte, Pflegende und Apotheker.

Um die Kommunikation und den Austausch dieser drei Berufszweige zum Vorteil der Patienten auszubauen – die einzelnen Fachkräfte wortwörtlich stärker zu vernetzen – hatten sich bis Anfang 2016 und fortlaufend Hausärzte, heimversorgende Apotheken und Altenpflegeeinrichtungen aus Münter (Westfalen) zu einem Projektverbund zusammengeschlossen.

Rund zwei Jahre nach dem Start des Projektes InTherAkt zur Verbesserung der Medikation in Altenpflegeeinrichtungen stellten Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Osterbrink vom Institut der Pflegewissenschaft und –praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg und seine Kollegen aus Münster nun die ersten Ergebnisse vor.

Die Arzneimitteltherapie wurde etwa um 25 % verbessert, einzelne Patienten konnten so bis zu 5 Medikamente einsparen. Übermedikationen ließen sich durch die enge Vernetzung von Ärzten, Pflegenden und Apothekern zudem gänzlich vermeiden. Die Neigung zu einem medikamentös verursachten Delir sank daraufhin spürbar ab, Wohlbefinden und die kognitive Leistungsfähigkeit der älteren Patientinnen und Patienten besserten sich.

Online-Plattform erleichtert Kommunikation

Entscheidend für die Verbesserung in der Therapie der Patienten war die transparente Kommunikation mittels Online-Plattform. Viele Patienten sind aufgrund altersbedingter Komorbiditäten bei mehreren Ärzten (Hausarzt plus diverse Fachärzte) in Behandlung. In den seltensten Fällen laufen die Daten zu allen verordneten Medikationen beim Hausarzt zusammen. Daneben bergen auch die Selbstmedikationen des Patienten oft ein großes Interaktionsrisiko.

Die Online-Plattform arbeitet in Echtzeit, sodass jeder beteiligte Arzt, die Pflegefachkraft oder der Apotheker neu verordnete Medikamente bzw. Beobachtungen und Bedenken eintragen kann. Arztbriefe, Faxe oder lange Telefonkontakte entfallen dadurch. Ferner spart die Sammlung aller patientenbezogenen Daten in einer Datei, die von allen teilnehmenden Fachkräften eingesehen und bearbeitet werden kann, sehr viel Zeit und Dokumentationsaufwand.

Ein positiver Nebeneffekt des Projektes: Das gemeinsame Lernen und das Sich-Aufeinander-Einlassen hat in den drei Berufsgruppen ebenfalls ein grundlegendes Verständnis für Zuständigkeiten und den Alltag der jeweils anderen Gruppen bewirkt.

Fazit

Durch die systematische Interaktion zwischen den Berufsgruppen der Ärzte, der Pflegefachkräfte und der Apotheker wurde deren Zusammenarbeit gestärkt und die Kommunikation mithilfe eines Online-Portals sehr vereinfacht. Es zeigte sich, dass dadurch die Sicherheit der Arzneimitteltherapie deutlich gesteigert wurde. Die interprofessionelle Herangehensweise an die Medikation ermöglicht es jeder Berufsgruppe darüber hinaus, ihre jeweiligen Kompetenzen gewinnbringend für die Patienten mit einzubringen.

Quelle:

  1.  IS03 "Polypharmazie in der Altenhilfe – Learnings auch für die Schmerztherapie" (Veranstalter: Grünenthal GmbH), Deutscher Schmerzkongress 2017, Mannheim