Myeloproliferative Neoplasien (MPN) sind eine Art von Blutkrebs, mit gesteigerter Bildung von Blutzellen, Anfälligkeit zu Thrombosen und häufiger Transformation zu akuter Leukämie. Krebserregende Mutationen in den Genen JAK2, CALR und MPL u.a. konnten bereits als Verursacher identifiziert werden. Obwohl die Krankheitsvorgänge bis ins Detail bekannt sind, bleibt die Stammzellentransplantation bisher die einzige Heilbehandlung für wenige PatientInnen mit den passenden Voraussetzungen. WissenschaftlerInnen ist es nun jedoch gelungen, spezifische Angriffspunkte für Immuntherapien sowie für eine mögliche Entwicklung einer Impfung zu finden.
Jüngste Fortschritte in der Immuntherapie auf Basis der T-Zellenforschung geben Anlass zu neuer Hoffnung auf Behandlungen, die durch die Elimination von Krebszellen zur Heilung führen könnten. Ein Schlüsselfaktor für die gezielte Immuntherapie ist die Identifikation von Antigenen, die zwar in Tumorzellen, nicht aber in gesunden Zellen, zu finden sind. Diese Antigene sind mutierte Teile von Proteinen, die in den Tumorzellen der PatientInnen vorkommen. Bei herkömmlichen Methoden ist der Nachweis von Tumorantigenen schwierig, zum einen durch die hohen Kosten, zum anderen da deren Identifikation eine technische Herausforderung darstellt.
In dieser Studie konnte eine neuartige RNA-basierte Methode für die systematische Identifikation von Krebsantigenen für einzelne PatientInnen entwickelt werden. Die RNA-Sequenzierung der Tumorbiopsie als Ausgangspunkt für personalisierte Immuntherapie ist besonders effizient. Zum einen, da nur exprimierte und daher auch relevante Antigene identifiziert werden und zum anderen, weil eine Vielzahl von unterschiedlichen Mutationsklassen detektiert werden können. Fusionsgene und Defekte im Spleißen sind Beispiele für Mutationsklassen, die vorrangig durch RNA-Sequenzierung systematisch annotiert werden können. In dieser Studie zeigte sich, dass insbesondere bei PatientInnen mit Mutationen im SF3B1 Gen, einem Spleißfaktor, sowie im CALR Gen eine große Anzahl an tumorspezifischen Peptiden produziert werden. Diese veränderten Peptide könnten als Grundlage für die Entwicklung von Krebsimpfstoffen dienen.
Robert Kralovics, Forschungsgruppenleiter am CeMM und korrespondierender Autor der Studie, äußert sich optimistisch in Hinblick auf die nächsten Schritte in diese Forschungsrichtung: „Wir möchten zeigen, dass diese tumorspezifischen Antigene dazu fähig sind, eine Immunantwort hervorzurufen und somit ein geeignetes Ziel für T-Zellen darstellen, welche in der Lage sind, Krebszellen zu eliminieren. Die Tatsache, dass in 62% der MPN PatientInnen, und dies ist lediglich eine vorsichtige Schätzung, tumorspezifische Antigene gefunden wurden, lässt uns darauf hoffen, dass viele MPN-PatientInnen von diesem Forschungsansatz profitieren werden.”