Die Möglichkeit, Grippeimpfungen in Apotheken gesetzlich festschreiben und vornehmen zu lassen, ließe Berechnungen zufolge die Influenza-Impfrate in der Bundesrepublik Deutschland um bis zu 12 Prozentpunkte ansteigen.
Das wäre gleichbedeutend mit einer Reduzierung von über 900.000 Grippeerkrankungen und rund 4.700 Krankenhausfällen im Jahr – und auch 41 Todesfälle könnten so verhindert werden. Darüber hinaus müssten ebenso die volkswirtschaftlichen Folgen möglicher Grippewellen mit einbezogen werden: Arbeitsausfälle könnten ganze Produktionsketten lahmlegen und so Betriebe in große Schwierigkeiten bringen.
Wenn jedoch die ApothekerInnen das Recht zur Grippeimpfung bekämen, würden viele Menschen dieses Angebot sicher wahrnehmen. Aktuell sind lange Wartezeiten beim Arzt noch eine große Hürde. Bei einer Steigerung der Impfrate um 12 Prozentpunkte bundesweit würden über die "Apothekenimpfung" drei Millionen Arbeitsunfähigkeitstage wegfallen – das entspricht einer Kosteneinsparung von rund einer Milliarde Euro. Natürlich hätten die Kostenträger auch einen Mehraufwand – dieser lässt sich nach derzeitigen Modellen auf knapp 340 Millionen Euro beziffern.
Zum Beleg der Steigerung von Impfquoten beziehen sich Gesundheitsökonomen auf Statistiken aus dem Ausland, wo die Grippeimpfung teilweise bereits in Apotheken praktiziert wird. Zwei Beispiele: In Irland ist dies seit 2011 möglich. Seitdem sind die Impfungen von 9.000 auf 78.000 im Jahr 2017 gestiegen. In Kanada stieg die Impfrate allein im ersten Jahr nach Einführung bei den über 65-Jährigen um knapp 10% sowie bei allen Patienten um 8,5 Prozent.
Die Kritik der Ärzteschaft an der geplanten Ausweitung des Impfrechts auf ApothekerInnen ist vor dem Hintergrund dieser Argumente nur bedingt nachvollziehen. Zum einen würden sie entlastet und bekämen Unterstützung bei der Verbesserung der Durchimpfungsrate. Der Fall, dass in der Apotheke Komplikationen wie beispielsweise allergische Reaktionen auftreten, ist zudem äußerst unwahrscheinlich. Es sei aber selbstverständlich notwendig, die ApothekerInnen entsprechend zu schulen. Auch hier sei der Blick ins Ausland hilfreich: Beispielsweise in der Schweiz und in Großbritannien gibt es entsprechende Konzepte. Außerdem würde das Gesetz vorsehen, dass es zunächst so genannte Modellprojekte gibt und so eine regional und zeitlich begrenzte Erprobung des neuen Systems stattfindet.