In einem gemeinsamen Auftritt mit dem Hausärzteverband, dem GKV-Spitzenverband und der gematik am Montag vor der Bundespressekonferenz bezeichnete Lauterbach diesen Meilenstein im Digitalisierungsprozess des Gesundheitswesens als wichtigste Reform neben der Krankenhaus-Neustrukturierung. Die ePA schaffe eine neue Qualität der Verfügbarkeit von Patientendaten für Ärzte und weitere Therapeutengruppen, für Patienten selbst und für die Gesundheitsforschung. Das werde die Versorgung verbessern und insbesondere die Therapiesicherheit maßgeblich erhöhen. Fehler aufgrund lückenhafter Informationen, etwa über patientenspezifische Risiken oder Arzneiverordnungen, könnten damit vermieden werden. Laut einer Barmer-Studie seien aufgrund einer verbesserten Informationslage für Ärzte jährlich rund 65.000 Todesfälle vermeidbar.
Voraussetzung dafür ist, dass möglichst viele Patienten und Versicherte die ePA nutzen. Um dies zu erleichtern, hat der Gesetzgeber eine Opt-out-Lösung vorgegeben: Jeder Versicherte, auch Kinder, erhalten in diesen Tagen das Angebot einer ePA von ihrer Krankenkasse. 68 von 95 Kassen haben nach Angaben von Doris Pfeiffer, der Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes, bis jetzt ihren Versicherten die Einrichtung ihrer ePA angekündigt. Die anderen Kassen sollen im Oktober folgen. Lediglich drei Prozent der bislang angesprochenen Versicherten haben von ihrem Recht auf Weigerung Gebrauch gemacht. Grundsätzlich besteht für jeden Versicherten ab 15 Jahren das Recht, der ePA jederzeit zu widersprechen, den Kreis der berechtigten Nutzer zu beschränken, auch mit Blick auf die Nutzung pseudonymisierter Daten für die Gesundheitsforschung, oder auch den Inhalt der ePA zu beschränken. Für Kinder entscheiden die Eltern.
Befüllt werden muss die ePA im Wesentlichen von behandelnden Ärzten. Dies war in der bisher zu Verfügung stehenden Technik teils aufwendig und häufig von Fehlern begleitet, die Ärzte nicht unerhebliche Zeit kosteten. Die jetzt zur Verfügung stehende neueste Technik – nach Lauterbach besser und leistungsfähiger als im Ausland in Betrieb befindliche Lösungen – soll es ermöglichen, Daten aus der Patientendokumentation des Arztes sowie elektronische Versorgungsdaten (eRezept) oder Befund- und Entlassberichte ohne zusätzlichen händischen Aufwand in die aktuelle ePA einzufüllen.
Von daher hält der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier, zwei Voraussetzungen als bedeutsam an für einen Erfolg der ePA:
Dr. Florian Fuhrmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der gematik, und Lauterbach sind zuversichtlich, dass dies mit der neuen Technik erfüllbar ist. Erstmals, so Lauterbach, habe das Bundesgesundheitsministerium unter seiner Leitung sich selbst auch den technischen Fragen der Umsetzung im direkten Kontakt mit den über 100 Anbietern mit Praxisverwaltungssystemen auseinandergesetzt. Ferner werden mit dem Gesetz über die Schaffung einer Digitalagentur, zu der die gematik umgewandelt werden soll, Praxisverwaltungssysteme auf ihre technische Tauglichkeit für digitale Anwendungen wie die ePA überprüft und zertifiziert – ein PVS, dass diese Prüfung nicht besteht, komme dann erst gar nicht auf den Markt.
Herr ihrer Gesundheitsdaten sind und bleiben Versicherte/Patienten. Nur berechtigte Personen, über deren Kreis der ePA-Inhaber bestimmt, haben Zugang zu den Daten. Für Krankenkassen ist dies ausgeschlossen. Auch Patienten selbst sollen ihre ePA einsehen können. Dafür genutzt werden können das Smartphone und/oder einen Desktop-PC. Der Zugang ist auf verschiedenen Wegen möglich: über eine ePA-App der jeweiligen Krankenkasse, auf der man sich anmelden und authentifizieren muss; für die erste Anmeldung ist das die PIN der elektronischen Gesundheitskarte oder des Personalausweises nötig. Auch Apotheken können das anbieten. Die PIN für die eGK erhalten Versicherte auf Antrag bei ihrer Kasse per Post-Ident. In ausgewählten Apotheken ist ebenfalls die Einsichtnahme in die ePA möglich, etwa für Patienten, die nicht über die notwendigen elektronischen Geräte verfügen.