Erhöhtes Depressions- und Selbstmordrisiko bei chronisch juckender Haut?

Juckreiz ist bei Patientinnen und Patienten mit Hauterkrankungen nichts Ungewöhnliches. In neuen Untersuchungen erkannte ein Forschungsteam nun jedoch, dass chronischer Juckreiz oftmals mit klinischen Depressionen, Selbstmordgedanken und erhöhtem Stress einhergeht.

Mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich

Juckreiz ist bei Patientinnen und Patienten mit Hauterkrankungen nichts Ungewöhnliches. In neuen Untersuchungen erkannte ein Forschungsteam nun jedoch, dass chronischer Juckreiz oftmals mit klinischen Depressionen, Selbstmordgedanken und erhöhtem Stress einhergeht.

Florence J. Dalgard, die leitende Studienautorin, erläuterte zum Hintergrund der Forschungen: "Es existieren bereits einige Studien, die Beweise für einen Zusammenhang zwischen Jucken und Problemen der geistigen Gesundheit im Allgemeinen und bei bestimmten Hautkrankheiten liefern. Aber fächerübergreifende Studien im Hinblick auf chronische Hautkrankheiten sind noch echte Mangelware."

Als Teil einer umfassenden Multicenterstudie der European Society for Dermatology and Psychiatry (ESDaP) verglichen die aktuellen Untersuchungen bei HautpatientInnen mit und ohne Juckreiz die psychologische Last der Erkrankung und die Lebensqualität.

Daten aus 13 Ländern und von 3.530 PatientInnen gesammelt

Die ForscherInnen sammelten Daten aus dermatologischen Kliniken in 13 europäischen Ländern und von 3.530 PatientInnen mit Hautkrankheiten. Die Ergebnisse verglichen die WissenschaftlerInnen mit 1.000 gesunden Kontrollpersonen. Die StudienteilnehmerInnen mussten Fragebögen ausfüllen und wurden klinisch untersucht. Dabei wurden Vorkommen, Häufigkeit und Intensität von Juckreizen beurteilt. Zudem richtete das Forschungsteam den Blick auf Angst vor Krankenhäusern, Depressionsgefühle, soziodemographische Faktoren, Selbstmordgedanken, Stress und ökonomische Probleme.

Allgemein trat Juckreiz in 90% aller Fälle von Hauterkrankungen auf. 86% der PatientInnen klagten über atopische Dermatitis, 82% über Ekzeme an den Händen, 78% über andere Formen von Ekzemen, 76% über Nesselsucht und 70% über Schuppenflechte.

Lebensqualität wird deutlich beeinträchtigt

Bei PatientInnen mit Dermatitis litten 14% der Personen mit Juckreiz unter Depressionen, ohne Juckreiz nur 5,7%. In der Kontrollgruppe litten 6% der Personen mit Juckreiz unter Depressionen, ohne Juckreiz 3%. Selbstmordgedanken kamen bei 15,7% der Dermatologie-PatientInnen mit Juckreiz vor, ohne Juckreiz lag die Quote bei 9%. In der Kontrollgruppe traten bei 18,6% der Personen mit Juckreiz Depressionen auf, ohne Juckreiz lag die Zahl bei 8,6%. Beim Vergleich der Eigenangaben war zudem auffällig, dass Personen mit Juckreiz über mehr Stress im Leben und mehr ökonomische Probleme klagten.

Dr. Dalgard kommentierte: "Unsere Untersuchungen beweisen, dass Juckreiz einen starken Einfluss auf die Lebensqualität hat. Die Last dieses Symptoms und seine vielfältigen Auswirkungen werden klar ersichtlich. Die Behandlungen von Patientinnen und Patienten mit Juckreiz sollte daher häufiger zum Thema interdisziplinärer Zusammenarbeit werden."

Quelle:
Dalgard FJ et al., Itch and mental health in dermatological patients across Europe: a cross sectional study in 13 countriesJournal of Investigative Dermatology, 2019; DOI:10.1016/j.jid.2019.05.034