Die Studie aus dem englischen Journal Arthritis & Rheumatology, zeigte außerdem ein erhöhtes Langzeitrisiko für venöse Thromboembolien (VTE).
Die Arthrose, eine primär nichtentzündliche, degenerative und irreversible Gelenkzerstörung, verursacht durch ein Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit, zeigt eine steigende Prävalenz von etwa 15% bei Patienten im Alter von 35 bis 44 Jahren, die im Alter zwischen 75 und 85 Jahren bei ca. 60% gipfelt. Zu den am häufigsten betroffenen Gelenken zählen der Schulterkomplex, die Wirbelsäule, Hüft-, Finger- und Kniegelenke. Meist geht der Arthrose ein langjähriges symptomfreies Intervall voraus. Der Krankheitsbeginn wird vom Patienten dann häufig als Steifigkeit beschrieben, zusammen mit diffusen Gelenk- und Muskelschmerzen.
Eine Heilung der Arthrose ist zurzeit nicht möglich. Die Therapie richtet sich daher nach den Symptomen des Patienten und beruht auf vier Pfeilern. Zu diesen zählen allgemeine Maßnahmen wie Gewichtsreduktion und Herabsetzen gelenkbelastender Tätigkeiten, Physiotherapie zur Vermeidung und Beseitigung störender Kontrakturen, Medikamentöse Therapie bzw. Schmerztherapie mittels nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) und als vierter Pfeiler die invasive Variante der operativen Therapie. Die Indikation zur Arthroplastik sollte erst bei erfolglosen konservativen Maßnahmen, erheblichem Leidensdruck und Aussicht auf Funktionsverbesserung gestellt werden. Derzeit stehen zwei Optionen zur Verfügung, die gelenkerhaltende und gelenkersetzende Operation. Letztere gelten an Hüfte und Knie als “Mittel der Wahl”.
Den Autoren der Studie, unter der Leitung von Yuqing Zhang, Professor für Medizin und Epidemiologie an der Boston University, zufolge zeigte sich, dass weltweit jährlich ca 1,8 Millionen Arthroplastiken durchgeführt wurden, die meisten davon sind Knie- und Hüft-TEPs.
Zwar verbessert die Arthroplastik die Lebensqualität des Patienten und reduziert nachweislich die Schmerzsymptomatik bei Arthrose, jedoch sind die Auswirkungen auf das kardiovaskuläre Risiko laut Prof. Zhang und seinen Kollegen noch weitestgehend unklar.
Vorherige Nachforschungen haben darauf hingewiesen, dass die Arthroplastik die Herzfunktion bei Patienten mit Arthrose verbessere. Dies veranlasste das Team um Prof. Zhang dazu, diesem Zusammenhang weiter nachzugehen. “Unsere Studie prüft, ob die Gelenkendoprothetik bei Arthrosepatienten gefährliche kardiovaskuläre Ereignisse reduziert”, so Prof. Zhang.
Für ihre Studie analysierte das Team 13.849 Patienten im Alter von 50 Jahren und älter, welche an Gonarthrose erkrankten und sich zwischen Januar und Dezember 2000 einer Knie-TEP unterzogen. Zur Kontrolle wurden 13.849 Patienten herausgesucht, die keine operative Therapie erhielten. Das gleiche Prozedere wurde für 6093 vergleichbare Patienten mit Koxarthrose durchgeführt welche im selben Zeitraum eine Hüft-TEP erhielten.
Während des durchschnittlichen Beobachtungszeitraumes von 4,2 Jahren erlitten 306 der operierten Gonarthrosepatienten einen Myokardinfarkt. Dem gegenüber stehen 286 Kontrollpatienten, die ebenfalls einen Infarkt erlitten. Die Forscher erkannten ein signifikant höheres Risiko für TEP-Patienten mit Gonarthrose im ersten Monat nach der Operation, dieses fiel mit der Zeit allerdings wieder ab.
Unter den Patienten mit Koxarthrose, welche sich einer TEP unterzogen, zeigte sich ein ähnliches Bild. 128 Personen erlitten während des postoperativen Beobachtungszeitraumes einen Myokardinfarkt verglichen mit 138 Kontrollpatienten.
Das Team konnte allerdings auch zeigen, dass die Myokardinfarktinzidenz zwar in den ersten sechs Monaten postoperativ höher war, verglichen mit der der Kontrollgruppe. Die Inzidenz dann aber unter die der nicht-operierten Patienten absank.
Ein erhöhtes Risiko für VTE konnte in der Studie ebenfalls bei Patienten mit einer TEP an Knie oder Hüfte nachgewiesen werden. Das Risiko für die VTE, ein Sammelbegriff für die tiefe Venenthrombose (TVT) und die Lungenembolie (LE), war allerdings nachweislich nicht nur für einen kurzen Zeitraum erhöht, sondern zeigte sich auch noch Jahre nach der Operation mit einer deutlichen Erhöhung gegenüber dem der Kontrollgruppen.
Laut Prof. Zhang bedeutet diese neue Studie eine Herausforderung der bestehenden Studienlage, die derzeit die Arthroplastik als einen positiven und protektiven Faktor für die Herzgesundheit darstellt: “Unsere Studie liefert zum ersten Mal evidenzbasierte, populationsbezogene Ergebnisse an Patienten mit Gon- und Koxarthrose, die sich einer TEP unterzogen haben und zeigte einen eindeutigen Anstieg im Herzinfarktrisiko in der direkten postoperativen Phase. Das Langzeitrisiko an einem Myokardinfarkt zu erkranken konnten wir nicht belegen, aber das Risiko einer Lungenembolie blieb noch über Jahre nach dem Gelenkersatz erhalten.”
Die genauen Mechanismen hinter dem Anstieg im Infarktrisiko nach einer Arthroplastik bei Arthrosepatienten sind zurzeit noch ungeklärt. Die Forscher weisen aber darauf hin, dass Einflussfaktoren auf das kardiovaskuläre System, wie die Anästhesie, eine Rolle spielen könnten. Eine andere Erklärung für die Beobachtungen können, laut der Autoren, aber auch Änderungen der Medikation sein, zum Beispiel eine Unterbrechung der ASS Therapie oder Fehler beim Beginn der Antikoagulation.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass das unmittelbar erhöhte, postoperative Risiko eines Myokardinfarkts nach einer TEP bisher unterschätzt wurde und man nun Maßnahmen vorantreiben muss, um diesem ernsten Ereignis besser vorzubeugen.
Text: esanum/sb
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