Ein von der Berner Fachhochschule BFH entwickeltes Laser-Mikroskop ermöglicht zum ersten Mal eine kontinuierliche Überwachung der Netzhaut – sogar bei Patientinnen und Patienten zu Hause. Damit eröffnen sich neue Perspektiven für die Behandlungen von weit verbreiteten Augenleiden, die unbehandelt zur Erblindung führen können.
Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) und andere Krankheiten mit Flüssigkeitseinlagerungen in der zentralen Netzhaut gehören zu den häufigsten Augenleiden. Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist die frühzeitige Erkennung von krankhaften Veränderungen der Retina. Sie ist nur durch häufige – zum Teil monatliche – Untersuchungen in spezialisierten medizinischen Institutionen gewährleistet. Die Kontrollen sind eine große Belastung für die Patientinnen und Patienten und verursachen beträchtliche Kosten und Zeitaufwand.
Die Berner Firma Mimo AG hat unter der Leitung des Basler Augenspezialisten Peter Maloca ein fortgeschrittenes Überwachungssystem für die Retina entwickelt, das die rechtzeitige Diagnose von Netzhautveränderungen vereinfacht und verbessert. Die Methode basiert auf der seit Jahren eingesetzten optischen Kohärenztomografie, auch Lasermikroskopie genannt. Im Rahmen eines bahnbrechenden Projekts hat die Forschungsgruppe HuCE-optoLab des BFH-Zentrums Technologien in Sport und Medizin gemeinsam mit der Mimo AG ein kompakteres und selbstmessendes OCT-Gerät entwickelt. Es wird eine nahtlose Überwachung der zentralen Netzhaut beim Patienten zu Hause oder an einem beliebigen Ort ermöglichen. Der tragbare optische Kohärenztomograf "Mimo" hat die Größe einer Kaffeemaschine. Sein anwendungsoptimiertes Design gewährleistet, dass ihn gerade auch ältere Patientinnen und Patienten intuitiv bedienen können. Nach der Positionierung des Kopfs in einer ergonomisch geformten Auflage führt das Gerät den Netzhaut-Scan in kürzester Zeit und vollautomatisch durch. Die hohe Messgeschwindigkeit verbessert den Patientenkomfort und kann Messfehler als Folge von Kopfbewegungen reduzieren.
Die von "Mimo" erfassten 3D-Aufnahmen enthalten weniger Informationen als jene von klinischen OCT-Geräten. Sie sind jedoch ausreichend für eine verlässliche Analyse, betont Peter Maloca: "Die entscheidende Innovation des Systems liegt in der Auswertung der Daten durch eine Software mit Machine Learning, einer Technologie der künstlichen Intelligenz. Die vollautomatische Analyse von vielen Scans ermöglicht bessere Diagnosen als manuell ausgewertete Daten, die in größeren zeitlichen Abständen erfasst wurden." Dazu kommt, dass "Mimo" die Analyseresultate automatisch an ein beliebiges Endgerät übermitteln wird. Arzt und Patient werden bei einem auffälligen Befund sofort benachrichtigt. Das mindert das Risiko, dass Daten nicht rechtzeitig ausgewertet werden und die Therapiemaßnahmen zu spät erfolgen.
Derzeit läuft die klinische Validierung des neuartigen OCT-Geräts und der Auswertungssoftware. "Technisch gesehen ist das System bald bereit für die Markteinführung", sagt Peter Maloca, der bei seinen Patienten ein großes Bedürfnis für ein solches Messgerät ausmacht. Indem die Technik zum Patienten gehe statt umgekehrt und sich dem Patienten anpasse, komme man dem Ziel der personalisierten Medizin näher. Diese sei Voraussetzung, um das optimale Zeitfenster für eine Therapie zu bestimmen, was längerfristig die Sehfähigkeit erhalte.
Quelle: Berner Fachhochschule