Prof. Dr. Birgitta Weltermann übernimmt die Leitung des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Bonn. Sie dankt ihren neuen Kollegen rund um den bisherigen Leiter Honorar-Prof. Dr. Klaus Weckbecker dafür, in Bonn einen wissenschaftlichen Ort für Hausärzte etabliert zu haben. Diese Arbeit will sie gemeinsam mit den Kollegen ausbauen. Dabei legt sie besonderen Wert auf eine gute Lehre, um angehende Mediziner für den Beruf Hausarzt zu begeistern. Ihr wissenschaftliches Interesse besteht darin, Wege zu finden, wie die Hausarztmedizin die zukünftigen Herausforderungen meistern kann. Zuvor war sie stellvertretende Direktorin am Institut für Allgemeinmedizin der Universität Duisburg-Essen.
Dekan Prof. Dr. Nicolas Wernert freut sich, dass es gelungen ist, die Allgemeinmedizinerin nach Bonn zu berufen. In einem gemeinsam mit dem neuen Studienstandort "Campus Siegen" geplanten Begleitprojekt „Medizin neu denken“ soll insbesondere das Potential IT-gestützter telemedizinischer Ansätze für die allgemeinmedizinische Versorgung ländlicher Räume evaluiert werden.
"Jeder Tag als Hausarzt ist wie ein Krimi", so Prof. Weltermann, die selbst niedergelassene Hausärztin ist. Für sie ist es ein besonders interessanter Beruf, denn Hausärzte sehen täglich so viele verschiedene Menschen und vielgestaltige medizinische Anliegen: "Dabei begreifen wir unsere Patienten als Ganzes, also neben der medizinischen Seite auch die psychische Situation und das soziale Umfeld. Gerade das Erkennen einer seltenen Erkrankung ist wie Detektivarbeit in einem Krimi. Damit kann Patienten wirklich geholfen werden."
Dabei muss sich die Hausarztmedizin immer mehr neuen Herausforderungen stellen. Patienten sind heutzutage häufig viel informierter, und so nehmen auch die individualisierten Wünsche Einzelner zu. Auch gibt es mehr Behandlungsmöglichkeiten, die berücksichtigt werden können und die heutige Bevölkerung in Deutschland lebt länger. Dadurch nehmen bestimmte Erkrankungen wie Krebs, Herzleiden und Demenzen zu. "Der Hausarzt ist für Senioren, die häufig chronisch erkrankt sind und auch unter mehreren Erkrankungen leiden, nicht nur erster Ansprechpartner, sondern er betreut sie langfristig und ganzheitlich", so Weltermann. Hinzu kommt eine in den letzten Jahren wachsende Zahl von Patienten mit Migrationshintergrund. Hier muss der Hausarzt auch sprachliche Barrieren überwinden und kulturelle Hintergründe beim Aufbau der Arzt-Patient-Beziehung berücksichtigen.
"Wie werden wir also mit diesen Herausforderungen umgehen? Wie müssen wir die Hausarztpraxen ändern, dass sie den zukünftigen Anforderungen gewachsen sind", ist eine Kernfrage der Forschung. So untersucht Weltermann unter anderem, wie moderne Informationstechnologie (IT) – wie beispielsweise Videosprechstunden – sinnvoll in der Hausarztpraxis eingesetzt werden kann. Eines ihrer Forschungsprojekte prüft, wie durch ein IT-gestütztes Blutdruckmessungs-Management die Therapie von Bluthochdruck verbessert werden kann. Patienten vermitteln der Praxis ihre Blutdruckwerte per Smartphone oder Tablet. Dafür extra qualifizierte Medizinische Fachangestellte bewerten diese und machen gegebenenfalls anhand einer vom Hausarzt individualisierten Handlungsanweisung Vorschläge zur Anpassung der Medikamente, wobei der Arzt letztlich entscheidet. Der Hausarzt werde so von qualifiziertem Personal entlastet und habe mehr Zeit für seine Patienten bei gleichzeitig besserer Qualität der Versorgung von Bluthochdruck.
Etwa jeder zweite Hausarzt in Deutschland erreicht demnächst das Rentenalter – eine andere, aber ganz aktuelle Herausforderung ist somit die Nachwuchsförderung. "Unser Ziel ist es, eine gute und interaktive Lehre anzubieten. Wir wollen den Studierenden zeigen, wie spannend Hausarztmedizin ist und welche zentrale Rolle Hausärzte in der Versorgung von Patienten einnehmen", sagt Weltermann. In den über 140 Lehrarztpraxen des Bonner Uni-Instituts für Hausarztmedizin lernen Studierende sowohl städtisch als auch ländlich gelegene Hausarztpraxen und deren Bedeutung als wichtigen regionalen Faktor kennen. Ganz wesentlich in der Nachwuchsförderung sei, interessierte angehende Mediziner vor und direkt nach dem Examen anzusprechen und sich bereits während der fünfjährigen Facharztausbildung mit ihnen zu vernetzen: Daher ist das Bonner Uni-Institut für Hausarztmedizin, das jetzt vor Ort eine Nachwuchsakademie ins Leben gerufen hat, Teil des Kompetenzzentrums Weiterbildung Allgemeinmedizin Nordrhein. „Wir halten über das Netzwerk Kontakt zu den angehenden Hausärzten und qualifizieren die jungen Ärztinnen und Ärzte berufsbegleitend. In dem Netzwerk können sie sich untereinander austauschen und zudem ihr eigenes Hausarzt-Profil bilden“, erklärt Weltermann.
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Quelle Bild und Text: Universität Bonn