Vor Wettkämpfen zählt im Leistungssport jeder Trainingstag. Viele SportärztInnen waren daher beim Thema Grippeimpfung bisher zurückhaltend aus Sorge vor Nebenwirkungen, aber auch weil sie vermuteten, dass diese bei SpitzensportlerInnen nicht so gut wirkt. Dass genau das Gegenteil der Fall ist, konnte jetzt eine Forschungsgruppe an der Universität des Saarlandes um Sportmediziner Tim Meyer und die Immunologin Martina Sester nachweisen. Die für ihre Studie geimpften LeistungssportlerInnen zeigten eindeutige Immunabwehrreaktionen, die gegenüber einer "normalen" Kontrollgruppe sogar leicht erhöht waren.
Es gab zudem keinen Unterschied, ob die Impfung direkt nach dem Training oder einen Tag später verabreicht wurde. Und die Nebenwirkungen waren so gering ausgeprägt, dass keine einzige Trainingseinheit ausfallen musste. Im Rahmen der Studie erhielten 45 AthletInnen am Olympia-Stützpunkt in Saarbrücken sowie 25 Personen einer gleichaltrigen Kontrollgruppe eine Impfung gegen die saisonale Grippe, die durch Influenzaviren ausgelöst wird.
Vor der Impfung sowie eine, zwei und 26 Wochen danach wurde das Blut der Versuchspersonen auf grippespezifische Zellabwehrreaktionen hin untersucht sowie auf Antikörper, die Influenzaviren neutralisieren können. "Zu unserer eigenen Überraschung stellte sich heraus, dass die Spitzensportler bei beiden Faktoren eine stärkere Reaktion zeigten als die Kontrollgruppe. Bisher war die landläufige Meinung, dass langfristiges intensives körperliches Training die Immunreaktion von Sportlern eher dämpfen würde“, erläuterte Tim Meyer, Professor für Sport- und Präventivmedizin der Saar-Universität.
Auch die Nebenwirkungen waren nach der Impfung bei allen Testpersonen mild, so dass die LeistungssportlerInnen in ihrem Trainingsprogramm nicht beeinträchtigt waren. "Wir haben zudem einen Teil der Versuchspersonen direkt nach ihrem Training geimpft und die anderen erst einen Tag später. Weder bei der Immunantwort der Athleten noch bei den nur geringfügigen Nebenwirkungen machte dies einen Unterschied“, erklärte Tim Meyer weiter.
Das sei für SpitzensportlerInnen, die in Wettkampfzeiten meist täglich trainieren, von großer Bedeutung. "Wir leiten aus unseren Ergebnissen die Empfehlung ab, dass sich Leistungssportler gegen die saisonale Grippe impfen lassen sollten. Sie müssen nicht befürchten, in ihren ambitionierten Trainingseinheiten eingeschränkt zu werden und laufen damit jedoch gewiss weniger Gefahr, durch eine Grippeerkrankung für längere Zeit auszufallen“, so Martina Sester, Professorin für Transplantations- und Infektionsimmunologie der Universität des Saarlandes.