Derzeit fragen sich viele Menschen, ob ihre Haustiere wie Hund und Katze auch an COVID-19 erkranken können oder eine Übertragung des neuartigen Coronavirus durch die Tiere auf den Menschen stattfindet. Wird der "Stubentiger" für medizinisches Fachpersonal jetzt zum Problem?
Mit Stand vom 14.04.2020 wurde SARS-CoV-2 bei mehr als zwei Millionen Menschen weltweit diagnostiziert. Im Gegensatz dazu gelang der Nachweis bisher nur bei zwei Hunden, zwei Katzen und einem Tiger. Alle diese Tiere hatten sich bei SARS-CoV-2-infizierten Menschen angesteckt. Es gibt bis heute keinen einzigen umgekehrten Fall einer Ansteckung des Menschen durch Haustiere. Es handelt sich somit sehr wahrscheinlich um sehr seltene Ereignisse.
Haustiere haben zum jetzigen Stand wahrscheinlich keinerlei Bedeutung in der SARS-CoV-2 Epidemiologie. Es handelt sich vielmehr um einen sogenannten "Spill-over"-Effekt, bei dem in seltenen Fällen eine Virusübertragung vom Hauptwirt, dem Menschen, auf gewisse Tierarten erfolgen kann. Üblicherweise passiert dies auch nur, wenn eine größere Virusmenge vom Tier aufgenommen wird. Dennoch empfehlen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität Wien, insbesondere Katzen weiter im Auge zu behalten.
Trotz der wiederholten Medienberichte aus China werden Hunde derzeit als kaum empfänglich für SARS-CoV-2 eingeschätzt. Der erste bekannt gewordene Fall einer SARS-CoV-2-Infektion eines Haustieres betraf einen 17 Jahre alten Zwergspitz in Hongkong, der im Haushalt einer an COVID-19 erkrankten Person lebte.
Der Hund zeigte keine relevanten Symptome. Nasen- und Rachentupfer dieses Hundes wurden mit einem sehr empfindlichen molekularbiologischen Verfahren mehrfach schwach positiv getestet. Es wurde auch die Nukleinsäuresequenz des Virus ermittelt, wobei sich wenig überraschend herausgestellt hatte, dass das Virus des Hundes genetisch nahezu identisch mit dem Virus des Besitzers war. Es konnte jedoch zu keinem Zeitpunkt vermehrungsfähiges (infektiöses) Virus des Hundes isoliert werden. Antikörpertests verliefen zuerst negativ, später jedoch positiv.
Der zweite Fall betraf einen Deutschen Schäferhund, der gemeinsam mit einem Mischlingshund im Haushalt eines an COVID-19 erkrankten Patienten lebte, ebenfalls in Hongkong. Beide Hunde waren symptomlos. Während Tupferproben des Schäferhundes positiv getestet wurden, erwies sich der Mischlingshund als Virus-negativ.
Anders ist das bei Hauskatzen: Hier wurde die Ansteckung durch SARS-CoV-2 bereits experimentell eindeutig bestätigt. In Belgien wurde die Katze eines an COVID-19 Erkrankten positiv auf SARS-CoV-2 Nukleinsäure getestet. Die Katze zeigte milde Krankheitssymptome.
Eine weitere Hauskatze eines COVID-19-Patienten wurde in Hongkong positiv getestet – sie war symptomlos. Die Publikation von Shi et al. zeigte zudem, dass experimentell infizierte Katzen das Virus auf andere nicht-infizierte Katzen weitergeben konnten. In einem anderen, noch nicht in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlichten Artikel, wurde berichtet, dass 11 von 102 in Wuhan (China) getestete Katzen Antikörper gegen SARS-CoV-2 aufwiesen, wobei Katzen aus Haushalten mit COVID-19-Erkrankten, wie zu erwarten, die höchsten Antikörpertiter zeigten.
SARS-CoV-2-Infektionen scheinen bei Katzen bisher seltene Ereignisse zu sein. Dennoch ist eine vermehrte Aufmerksamkeit auf den respiratorischen Gesundheitszustand insbesondere bei Hauskatzen zu richten. So ist es sinnvoll, Freigängerkatzen aus Haushalten mit bestätigten COVID-19-Fällen oder Verdachtsfällen für die Dauer der Quarantäne im Haus bzw. in der Wohnung zu belassen und den Kontakt dieser Tiere zu gesunden Personen auf ein notwendiges und hygienisches Mindestmaß zu beschränken.
Entwickeln solche "Kontaktkatzen" respiratorische Symptome wie Husten, Niesen oder Atemnot, informieren Sie Tierärztin oder Tierarzt darüber, dass hier möglicherweise eine SARS-CoV-2-Infektion vorliegt. Eine diagnostische Abklärung sollte dann in jedem Fall erfolgen.
Die Übertragung von Coronaviren beispielsweise über Tierfell oder Hundenasen ist nach derzeitgem Kenntnisstand ebenfalls nicht ganz auszuschließen. Hustet oder niest sich eine an COVID-19 erkrankte Person in die Handfläche und streichelt unmittelbar danach das Fell des Tieres, könnten nennenswerte Mengen infektiöser Viren an den Tierhaaren haften bleiben. Streichelt dann eine gesunde Person über das Fell und fasst sich danach an Nase oder Mund, kann es zu einer Virusübertragung kommen.
Derzeit gibt es keine Studien, in denen untersucht wurde, wie lange Coronaviren auf Tierhaaren infektiös bleiben. Wird das Fell der Tiere mit einem geeigneten Shampoo gewaschen, wird die Erregerlast im Fell und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer passiven Einschleppung des Virus deutlich reduziert.