Mit dem Verkauf des Mittels "Rerum" verdiente ein Geschäftsmann aus dem mittelfränkischen Altdorf Millionen. Für viele seiner Kunden mit Krebs war das nicht zugelassene Medikament die letzte Hoffnung. Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Verkauf eine Straftat.
Ist "Rerum" ein Wundermittel gegen Krebs, ein bedenkliches Arzneimittel mit schädlicher Wirkung oder völlig wirkungslos? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit Mittwoch das Landgericht Nürnberg-Fürth. Ein 63 Jahre alter Geschäftsmann muss sich dort wegen des Inverkehrbringens von nicht zugelassenen Arzneimitteln verantworten. Der Heilpraktiker und Volkswirt soll das umstrittene Medikament, das Menschen mit Krebs im Endstadium helfen soll, in großem Stil an Therapeuten und Alternativmediziner verkauft haben. So soll er knapp drei Millionen Euro eingenommen haben, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft eingezogen werden sollen.
Bei einer Firma soll der Mann laut Anklage "nicht für die Anwendung an Mensch oder Tier bestimmte" Testchargen des Stoffes bestellt und pro Glasfläschchen sieben Euro bezahlt haben, an Patienten diese dann aber für 302 Euro verkauft haben. Die Substanz enthält Ölsäure, verschiedene Formen des Vitamins D und ein aus Knorpelgewebe gewonnenes Chondroitinsulfat.
Die Emulsion wird in der Alternativmedizin für eine experimentelle Immuntherapie gegen Krebs eingesetzt. Ob das Mittel wirklich gegen die Krankheit wirkt, ist umstritten. Die Staatsanwaltschaft stuft es als bedenkliches Arzneimittel ein, das nach dem Arzneimittelgesetz nicht in den Verkehr gebracht und nicht beim Menschen angewendet werden darf.
Die Verteidigerin argumentierte, die von ihrem Mandanten unter dem Namen "Rerum" und "Rerum blue" vertriebenen Substanzen seien nicht als Medikamente, sondern als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen, für die eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung vorliege. Außerdem beschreibe die Packungsbeilage lediglich eine "beworbene, aber keine nachgewiesene" Funktion der Mittel.
Das Gericht muss nun in 19 Verhandlungstagen die Frage klären, ob die von dem 63-Jährigen über seine Firmen im mittelfränkischen Altdorf und auf Zypern vertriebenen Produkte als Arzneimittel hätten zugelassen werden müssen. Zahlreiche Zeugen und Sachverständige sind geladen. Dabei soll auch der Dopingexperte und Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung im mittelfränkischen Heroldsberg, Fritz Sörgel, ein Wirkstoffgutachten erstellen.
Der Angeklagte befindet sich seit April vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis.