Herzerkrankungen, Schlaganfälle, chronische Lungenkrankheiten - das sind die häufigsten Todesursachen weltweit. Die Liste hat sich verändert: Weniger übertragbare Krankheiten als vor 20 Jahren sind darauf. Für das laufende Jahr könnte ein Erreger aber eine Hauptrolle spielen.
Alzheimer und bestimmte andere Demenzerkrankungen gehören nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen zu den zehn häufigsten Todesursachen weltweit. Sie standen im vergangenen Jahr an siebter Stelle, wie die Organisation berichtete. Neu auf der Liste war auch Diabetes an 9. Stelle mit einem Anstieg der Fälle um 70 Prozent seit dem Jahr 2000. 2019 seien 1,5 Millionen Menschen weltweit an Diabetes gestorben.
Die Menschen lebten 2019 weltweit im Durchschnitt rund sechs Jahre länger als noch im Jahr 2000 - gut 73 Jahre, wie es weiter hieß. In der WHO-Europaregion stieg die Lebenserwartung im Mittel von 72,5 auf 78,2 Jahre.
Welchen Einfluss COVID-19 auf die mittlere Lebensdauer haben wird, ist bisher noch unklar. Im laufenden Jahr sind bereits mehr als 1,5 Millionen Menschen weltweit an oder mit der durch das Coronavirus Sars-CoV-2 ausgelösten Krankheit gestorben. Wenn die Zahlen bei den anderen Ursachen in diesem Jahr in etwa so bleiben wie 2019, werde COVID-19 auf Platz sieben der zehn häufigsten Todesursachen kommen, sagte eine WHO-Sprecherin.
In der Untergruppe von Ländern mit hohen Einkommen - wie etwa Deutschland oder den USA - standen Alzheimer und bestimmte andere Demenzerkrankungen sogar an zweiter Stelle der Todesursachen. In der WHO-Europaregion stieg die Zahl von 158.000 Toten im Jahr 2000 auf 497.000 im vergangenen Jahr. Der Anstieg sei nicht allein dadurch zu erklären, dass die Menschen älter würden, sagte die Direktorin der WHO-Abteilung für nicht übertragbare Krankheiten, Bente Mikkelsen.
Gemeint sei nicht das allgemeine Nachlassen der Hirnleistung bei älteren Menschen, erklärte Robert Jakob, WHO-Spezialist für die statistische Klassifikation der Krankheiten (ICD-11). Bei Menschen, die auch Herzkrankheiten oder Diabetes hätten, werde stets diese Diagnose als Todesursache angegeben. Alzheimer und bestimmte andere Demenzen würden durch spezielle Erkrankungen hervorgerufen, die auch andere Folgen haben könnten, etwa durch Durchblutungsstörungen im Hirn. Die Menschen sterben dann an den Begleiterscheinungen der Krankheit.
Herzkrankheiten blieben wie seit rund 20 Jahren die häufigste Todesursache. Daran starben 2019 fast neun Millionen Menschen weltweit, gut zwei Millionen mehr als im Jahr 2000. Insgesamt machten Herzkrankheiten 16 Prozent der weltweiten Todesfälle aus. In der Europa-Region ist die Zahl der Todesfälle aufgrund von Herzerkrankungen in den zwei Jahrzehnten um 15 Prozent auf 2,16 Millionen gesunken.
Häufigste Todesursache waren nach den Herzkrankheiten Schlaganfälle (11 Prozent), chronische obstruktive Lungenkrankheiten (6 Prozent), Infektionen der tiefen Atemwege, Komplikationen bei Neugeborenen, Luftröhren-, Bronchial- und Lungentumore, Alzheimer und bestimmte andere Demenzerkrankungen, Durchfall, Diabetes und Nierenleiden. Auf diese zehn häufigsten Todesursachen entfielen 55 Prozent der insgesamt 55,4 Millionen Todesfälle weltweit.
Der größte Fortschritt wurde den WHO-Daten zufolge bei den Überlebensraten der Neugeborenen erzielt: 2000 starben noch 3,2 Millionen Neugeborene, 2019 waren es etwa 2 Millionen. Auch an Durchfallerkrankungen starben weniger Menschen: Statt 2,6 Millionen 2000 waren es 2019 nur noch 1,5 Millionen.
Während vor 20 Jahren noch sechs der häufigsten Todesursachen übertragbare Krankheiten waren, standen im vergangenen Jahr nur noch drei auf der Liste - wobei die WHO neben Infektionen der tiefen Atemwege und Durchfall auch Komplikationen bei Neugeborenen dazuzählt. Eine Infektion mit dem HI-Virus und das daraus resultierende Immunschwächesyndrom Aids war im Jahr 2000 noch die achthäufigste Todesursache. Im vergangenen Jahr fiel HIV/Aids auf den 19. Platz zurück. Tuberkulose fiel vom 7. auf den 13. Platz.
"Wir müssen Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von nicht übertragbaren Krankheiten schnell ausbauen", sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus. "Dafür muss die Grundversorgung im Gesundheitswesen dringend und drastisch verbessert werden."