Seit 2017 untersucht das Institut für Psychogerontologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) die besondere Lebenssituation von hochbetagten Menschen in Nürnberg. Inzwischen haben über 200 Frauen und Männer im Alter von 90 bis 100 Jahren an der Studie teilgenommen. Ein umfangreicher Bericht über die ersten Studienergebnisse ist nun online öffentlich verfügbar.
Die Studie behandelt das Phänomen der psychologischen Widerstandsfähigkeit sowie die besonderen Entwicklungspotenziale und Anpassungsleistungen von Menschen jenseits der 90, die vital, zuversichtlich und durch Lebensmut geprägt sind. Der Begriff Munterkeit beschreibt die besondere Lebenshaltung dieser Hochbetagten. Es wird also bewusst kein repräsentatives Bild aller Neunzigjährigen in Nürnberg dargestellt.
In ihrem Grußwort zur Veröffentlichung der Befunde betonte Staatsministerin Huml, dass die Studie eine beeindruckende und zugleich lehrreiche Einsicht in eine Lebensphase bietet, über die bislang nur wenig bekannt ist. Staatsministerin Huml bedankte sich besonders und mit höchstem Respekt bei den hochbetagten Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Studie, die dadurch allen ermöglichen von ihren Erfahrungen profitieren zu dürfen.
Viele der in dieser Studie untersuchten Hochbetagten haben ein positives Lebensgefühl und pflegen einen aktiven Lebensstil. Sie fühlten sich in der Regel deutlich jünger, als ihr tatsächliches chronologisches Alter und ihr Gesundheitszustand erwarten ließen. Außerdem zeichneten sie sich durch hohe körperliche Aktivität, proaktives Gesundheitsverhalten und eine hohe subjektive Gesundheit aus. Diese Ergebnisse entstanden aber nicht allein durch die Auswahl der teilnehmenden Hochbetagten. Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind von oftmals hohen gesundheitlichen Belastungen und zahlreichen medizinisch diagnostizierten Krankheiten nicht verschont geblieben.
Die psychologische Deutungs- und Widerstandskraft, die den meisten munteren Neunzigjährigen inne ist, zeigte sich besonders beim Vergleich von körperlich stark beeinträchtigten Personen mit weniger stark eingeschränkten. Wider Erwarten scheint der gesundheitliche Zustand keinen oder nur wenig Einfluss auf die insgesamt exzellente soziale Teilhabe oder die Lebensqualität zu haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten, unabhängig von körperlichen Belastungen, eine große Zuversicht und Lebensfreude. In manchen Bereichen ließen sich sogar, über die reine Widerstandskraft hinaus, funktionierende Strategien erkennen, um mit erhöhten Belastungen umzugehen. Beispielsweise zeichnen sich Hochbetagte, die besonders vielen gesundheitlichen Einschränkungen ausgesetzt sind, durch eine hohe Willenskraft aus.
Die Befunde untermauern die These, dass ein hohes Alter aufgrund der Bedingungen und Chancen dieser Lebensphase, neben bekannten Herausforderungen, auch tiefgreifende, neue Entwicklungspotentiale offenbart. Diese lassen sich von anderen früheren Entwicklungsphasen abgrenzen und werden von nur wenigen Menschen erfahren.