Die Zahl der Corona-Toten ist so hoch wie seit einem dreiviertel Jahr nicht mehr. Gleichzeitig scheint es weniger Ansteckungen zu geben. Doch die Lage ist unübersichtlich.
Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Corona-Toten hat den höchsten Stand seit neun Monaten erreicht. Die Gesundheitsämter übermittelten dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen 24 Stunden 446 Fälle von Menschen, die an oder mit Corona gestorben sind, wie aus RKI-Zahlen von Mittwochmorgen hervorgeht. Ein höherer Wert wurde zuletzt am 20. Februar erreicht (490).
Momentan ist die Zahl der täglich übermittelten Corona-Toten noch weniger als halb so groß wie zum Höhepunkt der zweiten Corona-Welle Ende vergangenen Jahres - und das, obwohl es momentan wesentlich mehr Ansteckungen gibt als damals. Experten führen das auf den positiven Effekt der Impfung zurück, die wirksam vor schweren Krankheitsverläufen schützt. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI im Laufe des Dienstags 67.186 neue Corona-Fälle - in etwa so viele wie vor einer Woche.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank zum zweiten Mal in Folge. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Mittwochmorgen mit 442,9 an (Vorwoche: 404,5; Vormonat: 118,0). Am Montag war ein Höchstwert von 452,4 erreicht worden, am Dienstag hatte der Wert leicht darunter bei 452,2 gelegen.
Auch der 7-Tage-R-Wert ist mit 0,89 vergleichsweise niedrig. Demnach stecken 100 Infizierte rechnerisch 89 weitere Menschen an. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor etwa 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er anhaltend unter 1, sinken die Fallzahlen. Zum Vergleich: Vor einer Woche gab das RKI den Wert noch mit 1,01 an.
Es ist allerdings unklar, ob Inzidenz und R-Wert noch das tatsächliche Infektionsgeschehen widerspiegeln. Denkbar wäre beispielsweise auch, dass die hohe Zahl positiver Corona-Nachweise das Erfassungs- und Meldesystem ans Limit bringt. So warnte der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) am Dienstag davor, dass Labore in manchen Regionen "schlichtweg an den Grenzen des Leistbaren" seien, was das Auswerten von Corona-Tests angeht. Dazu gehörten Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen.
"Die Gefahr besteht, dass bei einer Auslastung nahe oder regional oberhalb der Maximalgrenze schon bei kleineren Ausfällen von Personal oder Geräten die Befundlaufzeiten auf mehrere Tage steigen, was es unbedingt zu vermeiden gilt", sagte Evangelos Kotsopoulos vom ALM-Vorstand. Zu beachten ist wiederum aber auch, dass die vom RKI gemeldeten Inzidenzen im Vergleich zum Vortag nicht nur in Bundesländern mit hohen Werten wie Bayern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen gesunken sind, sondern in einer deutlichen Mehrheit der Länder.