Hohes Alter, Komorbiditäten und Co: Risikofaktoren für COVID-19

Prof. Dr. Pedro Machado, University College Hospital London, erinnerte auf der PARE-Session beim EULAR-Onlinekongress daran, dass COVID-19 weltweit die Gesundheitssysteme unter Druck setzt.

Ein Blick auf die Auswirkungen der Pandemie

Prof. Dr. Pedro Machado, University College Hospital London, erinnerte auf der PARE-Session beim EULAR-Onlinekongress daran, dass COVID-19 weltweit die Gesundheitssysteme unter Druck setzt, zu einer großen Zahl an Todesopfern weltweit geführt hat und ein schwerer Krankheitsverlauf häufig mit Pneumonie, akutem Lungenversagen, akuten Nierenschäden, Thromboembolien, Sepsis und einem Zytokinsturm einher geht.

Dass das Alter für die Schwere des Krankheitsverlaufs von COVID-19 eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, zeigt die Arbeit von Docherty und Team (Docherty AB et al. BMJ, 2020). Sie hatten COVID-19-Fälle in 208 Akutkrankenhäusern in England, Wales und Schottland zwischen dem 6. Februar und dem 19. April 2020 untersucht. 15.194 COVID-19 Fälle waren in der Zeit hospitalisiert; 3.911 PatientInnen starben an der Erkrankung. Sie fanden heraus, ein höheres Alter mit einem schwereren Krankheitsverlauf assoziiert ist. Das Risiko steigt schon zwischen 50 bis 59 Jahren (Hazard Ratio: 2,63), im Alter 60 bis 69 Jahre liegt die HR bei 4,99), im Alter von 70 bis 79 Jahre liegt die HR bei 8,5 und im Alter über 80 Jahren bei 11,09.

Risikofaktoren für Tod im Krankenhaus

Als weitere Faktoren folgen: chronische Herzerkrankung (HR: 1,16), chronische Atemwegserkrankung (HR: 1,17), chronische Nierenerkrankung (HR: 1,28), Diabetes (HR: 1,06), Fettleibigkeit (HR: 1,33), chronische neurologische Erkrankungen (HR:1,17), Demenz (HR: 1,40), Malignität (HR: 1,13) und moderate bis schwere Lebererkrankung (HR: 1,51).

In einer weiteren Studie (Williamson et al. medRxiv preprint) wurde untersucht, welche Faktoren das Risiko erhöhen, infolge COVID-19 im Krankenhaus zu sterben. Ausgewertet wurden die Daten aus den elektronischen Gesundheitsakten von 17 Millionen erwachsenen NHS-PatientInnen; n= 17, 425 445 Erwachsene; 1. Februar bis 25. April 2020. 5.683 Todesfälle, COVID-19 zugeschrieben.

Zu den Risikofaktoren zählen Alter (> 60 Jahre), Fettleibigkeit und Deprivation, männliches Geschlecht, schwarze und asiatische Herkunft und folgende Komorbiditäten: Diabetes, schweres Asthma, Krebs, Lebererkrankungen, Nierenerkrankung, neurologische Erkrankungen, Rheumatoide Arthritis (RA), systemischer Lupus Erythematodes, Psoriasisarthritis, Organtransplantierte, andere immunsuppressive Erkrankungen.

Erkrankungen von Herz, Lunge und Niere: Risikofaktoren für die Klinikeinweisung

Zu den Risikofaktoren für eine COVID-19-bedingte Klinikeinweisung bei Rheuma-Erkrankten zählen kardiovaskuläre Erkrankungen (Hazard Ratio: 1,86), Lungenerkrankungen (HR: 2,48), Diabetes (HR: 2,61) und chronische Nierenerkrankung (HR: 3,02). Das ergab die Studie des Teams um Gianfrancesco (Gianfrancesco M et al, Ann Rheum Dis, 2020), welches die Daten von 600 Rheumakranken mit COVID-19 aus dem EULAR-COVID-19-Register ausgewertet hatten.

Machado betonte, dass die Risikofaktoren für COVID-19 bedingte Krankenhausaufenthalte unter Rheuma-Erkrankten ähnlich sind wie bei gesunden PatientInnen. Es sind vor allem höheres Alter und Komorbiditäten, die das Risiko für einen Klinikaufenthalt erhöhen. Biologika, NSAR und Hydrochloroquin erhöhen das Risiko für einen Klinikaufenthalt nicht, TNF-Inhibitoren waren sogar mit einem geringeren Risiko, in eine Klinik eingewiesen zu werden, assoziiert. Während moderate und hohe Prednisolondosen das Risiko für einen Klinikaufenthalt erhöhten.

Psychologische Auswirkungen von COVID-19 auf Rheumakranke

Die Coronakrise betrifft alle Menschen, doch es sind besonders schwere Zeiten für Menschen mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, machte Prof. Dr. Rinie Geenen deutlich. Zwar verhindern Rheumamedikamente die Verschlimmerung der Krankheit. Immunsuppressive Medikamente können aber auch anfälliger für Infektionen machen. Darüber hinaus könne es vorkommen, dass einige Menschen sozial isoliert werden oder nicht genug oder keine angemessene Betreuung erhalten.

Ziel der Studie von Geenen et al. war, die psychologischen Auswirkungen der Coronakrise bei Menschen mit entzündlicher Arthritis zu untersuchen. "Wir haben erwartet, dass Sorgen und Stress und das psychische Wohlbefinden niedrig sein würde", so Geenen.

Für ihre Online-Umfrage rekrutierten die Forschenden im März und April 177 Testpersonen mit Arthritis und 177 gesunde KontrollprobandInnen. Die Gruppen waren perfekt aufeinander abgestimmt: jeweils 19 Männer und 159 Frauen., 100 Testpersonen waren gering, 77 hochausgebildet, das Alter lag im Durchschnitt bei 52 Jahren.

 Geenen et al. stellten fest, dass 53% der ArthritispatientInnen besorgt waren, sich mit COVID-19 anzustecken. Von den gesunden KontrollprobandInnen waren es nur 27%. Die 53% setzten sich wie folgt zusammen: 25% waren sehr besorgt, 28% waren besorgt, 36% ein bisschen besorgt und 11% nicht besorgt.

Beim empfundenen Stress durch die Coronakrise sah die Verteilung anders aus: 70% der Arthritis-Erkrankten gaben an, Stress zu empfinden. Von den gesunden KontrollprobandInnen gaben 61% an, Stress zu empfinden.

Auf dem Höhepunkt der Coronakrise waren Menschen mit entzündlicher Arthritis besorgter über Infektionen als gesunde Menschen und stärker gestresst als sonst (dies war bei gesunden Menschen ähnlich), haben aber im Vergleich zu einer Kohorte vor 2 Jahren kein geringeres psychisches Wohlbefinden.

4 Tipps zum besseren Umgang mit COVID-19

Geenen stellte klar, dass Furcht und Sorge normale Reaktionen auf eine Bedrohung sind. Die Sorge vor einer Kontamination mache die Menschen vorsichtig und verhindert, dass sie kontaminiert werden. Er präsentierte 4 Tipps, die RheumapatientInnen helfen können, mit den negativen psychologischen Folgen der Koronakrise umzugehen:

Tipp 1:

Ändern Sie Ihre Gewohnheiten. Tragen Sie zum Beispiel beim Einkaufen Handschuhe; das kann es erleichtern, Ihr Gesicht oder andere Menschen nicht zu berühren.

Tipp 2:

Vermeiden Sie zu viele Sorgen und Ängste:

Tipp 3:

Einen gesunden Lebensstil annehmen:

Tipp 4:

In mentale Belastbarkeit investieren, dabei haben sich 4 Dimensionen der Belastbarkeit als hilfreich erwiesen:

1. soziale Kontakte pflegen

2. sich den Umständen anpassen:

3. Kontrolle übernehmen

4. Suchen Sie bei Bedarf professionelle Hilfe

Referenzen:
EULAR 2020
PARE-Session COVID-19, 4. Juni, 13.30 bis 15 Uhr, Livesession online

Mehr zum Thema bietet die Expertenrunde "COVID-19 in der Praxis" vom 27. Mai 2020. Die CME-Fortbildung mit dem medizinischen Schwerpunkt Rheumatologie ist unter diesem Link als Video On-Demand abrufbar. Das Programm für die nächste CME-Expertenrunde der Reihe "COVID-19 in der Praxis"  mit den Fachbereichen Nephrologie und Neurologie, welche am 24. Juni 2020 erneut von 14:00 – 16:00 im Livestream zu sehen sein wird, finden Interessierte unter folgendem Link: www.esanum.de/live.