Während sich der Start der Corona-Massenimpfungen in Deutschlands Arztpraxen bis Mitte April verzögern kann, läuft in Niedersachsen der Testbetrieb seit rund zwei Wochen. In Braunschweig zieht der Onkologe Oliver Marschal eine positive Bilanz.
"Die Leistungsfähigkeit unseres Systems ist da", erklärte Marschal, in dessen Braunschweiger Praxis seit Montag gespritzt wird. "Wir haben die ersten Tage 22 Leute geimpft im laufenden Betrieb. Wenn Sie die 22 pro Tag auf alle Arztpraxen in Braunschweig hochrechnen, wenn alle mitmachen würden, dann kommen wir auf eine Monatsleistung von 150 000 Impfungen." Das Nadelöhr seien nicht die Praxen, sondern der Impfstoff, erklärte Marschal weiter. "Die Bereitschaft meiner Kollegen ist groß. Das Personal weiß, wie man mit Impfungen umgeht. Wir haben die Logistik. Die Frage ist: Kriegen wir den Impfstoff in den Mengen?"
Der flächendeckende Impfstart in den Hausarztpraxen, der zuerst für Anfang April vorgesehen war, soll nach Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern in der 16. Kalenderwoche (19. bis 25. April) starten - oder früher, "sollten es die noch zu konkretisierenden Liefermengen der Hersteller für April zulassen". Verfügbarer Impfstoff soll weiter zuerst an die bestehenden regionalen Impfzentren der Länder gehen.
Die Nachfrage in Marschals Braunschweiger Praxis sei extrem hoch, erzählt er: "Die Leute fühlen sich wohler, wenn sie einen Arzt haben, den sie seit Jahren kennen und sagen: "Okay, zu dem kann ich gehen, da hole ich mir jetzt mal eine Impfung". Fachärzte und Hausärzte würden zudem die jeweilige Krankengeschichte am besten kennen. Den Impfstoff erhält der Onkologe derzeit vom Impfzentrum. "Das ist eine wunderbare Kooperation. Ich muss nur ein kurzes Signal geben."
Niedersachsen begann den Testbetrieb am 1. März mit zunächst fünf Arztpraxen in den Kreisen Leer, Wesermarsch und Uelzen sowie in Stadt und Region Hannover. Wie viele sich mittlerweile am Probelauf beteiligen, dazu gab es zunächst keine Informationen vom Gesundheitsministerium. Für Impfungen stünden nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung von Anfang März rund 9000 Arztpraxen bereit.
Bei der Impfquote gehört Niedersachsen weiter zu den Schlusslichtern im Ländervergleich. Eine schlechtere Erstimpfungsquote als 6,5 Prozent haben nach am Donnerstag veröffentlichten Zahlen des Robert Koch-Instituts nur Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Bei den Zweitimpfungen war das Land mit 2,8 Prozent demnach sogar trauriger Spitzenreiter.