Das Forscherteam hat einen entsprechenden Sensor entwickelt und diskutiert diesen nun im Journal Lab on a Chip. Um das Ansprechen eines Tumors auf eine bestimmt Behandlung zu monitoren benutzen Kliniker heutzutage bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel das MRT oder Gewebsproben, die mittels Biopsien gewonnen werden. Methoden, die alle nur eine Momentaufnahme darstellen, welche im Moment der Analyse eigentlich schon wieder Vergangenheit ist. Hinzu kommt, dass zumindest im Falle einer Biopsie, die Anzahl der möglichen Proben limitiert ist, da man den Körper nicht unbegrenzt dem Risiko eines solchen invasiven Eingriffs aussetzten kann.
Jetzt haben Wissenschaftler des Koch Instituts für integrative Onkologie am MIT einen implantierbaren Sensor entwickelt, der verspricht jederzeit ausgelesen werden zu können und der dabei aktuellste Informationen zum Status eines Tumors bereitstellt. Ein solches Gerät könnte den Ärzten beispielsweise dabei helfen, die optimale Dosis eines Medikaments oder einer Therapie zu finden und somit unnötige Nebenwirkungen zu vermeiden.
Einer der Entwickler, Michael Cima, seinerseits Professor für Ingenieurwissenschaften und Erstautor der Arbeit, sagt: “Wir wollten ein Gerät entwickeln, dass uns ein chemisches Signal darüber gibt, was gerade im Tumor vor sich geht. Anstatt monatelang abzuwarten, ob der Tumor möglicherweise anspricht und schrumpft könnte man hiermit frühe Informationen darüber erhalten, ob man auf dem richtigen Weg ist.“
Der Biosensor verrichtet seine Arbeit, indem er zwei Biomarker misst: den pH-Wert und den Gehalt von gelöstem Sauerstoff im Gewebe. Beides sind wertvolle Indikatoren dafür, wie gut ein Tumor auf eine Behandlung anspricht. So steigt zum Beispiel der Säuregehalt im Tumorgewebe, wenn die Chemotherapie zu wirken beginnt.
Professor Cima sagt, “sehr häufig kann man beobachten, dass sich der Tumor zuerst einmal chemisch verändert bevor er dann letztendlich kleiner wird.” Tatsächlich ist es sogar möglich, dass Therapien eine Immunantwort triggern, welche dann zu einer Entzündungsreaktion führt. In den jetzigen bildgebenden Verfahren sieht es dann so aus, als würde der Tumor größer werden, obwohl die Therapie eigentlich nur Wirkung zeigt.
Der winzige Sensor ist so klein, dass er in die Spitze einer Biopsienadel passt. Er ist umschlossen von einer biokompatiblen Plastikhülle, die 10ml Kontrastmittel beinhaltet. Des Weiteren ist er mit etwas Elektronik ausgestattet, um seine Messungen an ein externes Auslesegerät zu senden.
Die nötige Energie zum Arbeiten erhält der Sensor von dem Auslesegerät. Im Sensor befindet sich eine kleine Metallspirale und im Auslesegerät eine große. Ein elektrischer Strom magnetisiert nun die Spirale im externen Gerät wodurch es möglich ist eine Spannung in der Spirale des Sensors zu erzeugen, sofern sich das Auslesegerät nah genug am Sensor befindet. Dieser Prozess nennt sich Gegeninduktivität.
Um den Sensor auslesen zu können sendet das Auslesegerät eine Reihe von Impulsen, die den Sensor zum Antworten bewegen. In dieser Antwort sendet das Gerät Signale, die von einem Computer interpretiert und übersetzt werden können. So erhält der Untersucher die Werte der Biomarker im Tumor.
Um den Sensor zu testen, hat ihn das Team in Ratten implantiert. Dabei zeigte sich, dass der Sensor schnelle, genaue und verlässliche Signale über pH-Wert und gelösten Sauerstoffgehalt im Gewebe sendete.
Als nächstes hat sich die Arbeitsgruppe nun vorgenommen zu untersuchen, wie gut der Sensor Veränderungen im pH-Wert über eine längere Zeit hinweg messen kann. “Ich möchte das Maximum aus diesen Prototypen rausholen, damit wir sie tatsächlich zum monitoren von Tumoren benutzen können”, sagt Prof. Cima. “Ein bisschen haben wir das in unseren Tests schon versucht aber wir müssen zusehen, dass sie wirklich robust und beständig werden.”
Dadurch hofft Prof. Cima, eines Tages die Gesundheit von Krebspatienten, mit Hilfe seines Sensors, über viele Jahre hinweg überwachen zu können.
“Es gibt da draußen Tausende von Menschen, die nur leben, weil sie implantierbare Elektronik wie zum Beispiel Herzschrittmacher oder Defibrillatoren in sich tragen”, so Cima. “Wir werden unsere Sensoren aus den Materialien herstellen, aus denen all diese bereits verwendeten Geräte gemacht sind. Berücksichtigt man jetzt noch, dass unsere Biosensoren winzig klein sind, so denke ich nicht dass sie irgendein gesundheitliches Problem darstellen werden.”
Obwohl der Hauptfokus der Arbeitsgruppe in der Krebstherapie liegt, sehen die Wissenschaftler durchaus auch die Möglichkeit vergleichbare Geräte in anderen Gebieten einzusetzen. Umweltwissenschaften seien ein gutes Beispiel so Prof. Cima und erklärt: “Man könnte sie beispielsweise dazu verwenden pH-Wert und Sauerstoffgehalt an verschiedenen Orten eines Sees oder Teichs zu messen. Mich reizt der Gedanke sehr, die Sensoren auch dazu zu verwenden, nützliche Daten zur Überwachung der Umwelt zu erlangen.”
Text: esanum /pvd