Millionen von Menschen nehmen mindestens fünf Medikamente gleichzeitig ein. ÄrztInnen und PatientInnen sind über die Liste der Mittel nach einer Umfrage aber nur unzureichend informiert.
ÄrztInnen in Krankenhäusern wissen häufig nicht genau, welche Medikamente ihre PatientInnen bereits einnehmen. Vor allem bei PatientInnen, die mindestens fünf Medikamente gleichzeitig benötigen, gebe es Informationsmängel, die gefährliche Folgen haben können, stellte die Krankenkasse Barmer in ihrem Arzneimittelreport fest, den sie in Berlin präsentierte. Auch die PatientInnen selbst wüssten oft nicht über die Medikamente Bescheid.
"Es ist unverständlich, dass die Aufnahme in ein Krankenhaus als millionenfacher Prozess so fehleranfällig ist. Das kann lebensgefährlich sein. Es muss verhindert werden, dass PatientInnen aufgrund von Informationsdefiziten zu Schaden kommen", kritisierte der Barmer-Vorstandsvorsitzende Christoph Straub. Auch bei der Entlassung aus den Krankenhäusern mangele es häufig an ausreichenden Informationen für die behandelnden ÄrztInnen.
Ein Drittel der in einem Krankenhaus behandelten PatientInnen mit geänderter Therapie habe dort keinen aktualisierten Medikationsplan erhalten. Viele Befragte hätten angegeben, dass ihnen die neue Therapie ärztlich nicht erklärt worden sei. "Eine Arzneitherapie kann nur erfolgreich sein, wenn der Patient sie versteht und mitträgt. Dazu muss er sie entsprechend erklärt bekommen", so der Autor des Arzneimittelreports, Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken.
Jedes Jahr kommen demnach mehrere Millionen Menschen ins Krankenhaus, die mindestens fünf Arzneimittel zugleich einnehmen. Allein im Jahr 2017 waren demnach bundesweit 2,8 Millionen Personen am Tag ihrer Klinik-Aufnahme Polypharmazie-PatientInnen. Dem Bericht zufolge hatten nur 29% der PatientInnen bei der Klinikaufnahme den bundeseinheitlichen Medikationsplan, der Informationsverluste zwischen ÄrztInnen verhindern soll. Dabei haben seit Oktober 2016 alle PatientInnen, die mindestens drei Medikamente regelmäßig einnehmen, ein Recht auf einen solchen Plan. 17% verfügten über gar keine aktuelle Aufstellung ihrer Medikamente. Vorhandene Pläne seien zudem häufig unvollständig gewesen.
Ursache der Informationsdefizite seien weniger einzelne ÄrztInnen, als vielmehr der unzureichend organisierte und nicht adäquat digital unterstützte Prozess einer sektorenübergreifenden Behandlung, kritisierte Straub. Die Barmer habe daher für ihre Versicherten ein Konzept entwickelt, das den Informationsfluss verbessern soll. Für den Bericht wurden laut Barmer rund 2.900 versicherte Polypharmazie-PatientInnen über 65 Jahren und 150 HausärztInnen befragt.