Insulinproduzierender Magen bei Diabetes

Eine potentielle kausale Therapie für die Behandlung von Diabetes könnte im Magen liegen, zeigen die Ergebnisse einer neuen Studie. Von Diabetes mellitus sind mehr als fünf Millionen Menschen in De

Eine potentielle kausale Therapie für die Behandlung von Diabetes könnte im Magen liegen, zeigen die Ergebnisse einer neuen Studie.

Von Diabetes mellitus sind mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Davon gibt es etwa 250 000 Patienten mit Typ-1-Diabetes – das sind fünf Prozent aller Diabetiker. Der Typ-1-Diabetes kann sich in jedem Alter erstmals manifestieren, er tritt jedoch meistens vor dem 35. Lebensjahr auf. Am höchsten ist die Neuerkrankungsrate bei Kindern zwischen 11 bis  13 Jahren. Deshalb wurde der Typ-1-Diabetes früher auch als jugendlicher oder juveniler Diabetes bezeichnet.

Bei diesem Krankheitstyp handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Dabei zerstört das körpereigene Immunsystem im Rahmen einer als Insulitis bezeichneten Entzündungsreaktion die insulinproduzierenden β-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Dieser Verlust der β-Zellen führt zu einem zunehmenden Insulinmangel. Erst wenn ungefähr 80 bis 90 Prozent der β-Zellen zerstört sind, manifestiert sich der Typ-1-Diabetes.

Magenzellen haben das größte Potential Insulin zu produzieren

Um eine kausale Therapie zu finden, haben Forscher jahrelang nach einer Möglichkeit gesucht, die insulin-produzierenden Beta-Zellen des Pankreas zu ersetzen. Im letzten Oktober wurde bereits eine Studie publiziert, in der Zellen des Ductus Pankreaticus neuprogrammiert wurden, um Insulin auszusondern. Die neulich publizierte Studie suggeriert jedoch, dass die Magenzellen aus der Pylorus Region das größte Potential haben, das Insulin zu produzieren.

Qiao Zhou, der Forschungsleiter und renommierter Professor der Regenerativen Biologie an der Harvard University hat mit seinem Team im Rahmen einer Studie  (DOI: //dx.doi.org/10.1016/j.stem.2016.01.003) Mäuse genetisch modifiziert, um Gene zu exprimieren, die in der Lage sind, verschiedene Gewebearten in Beta-Zellen umzuwandeln.

Diese Experimente haben gezeigt, dass die Pyloruszellen die beste Antwort auf die hohen Glucosewerte im Blut sind – durch eine rasche und konsistente Insulinproduktion.

Um die Effektivität der Pyloruszellen zu testen, wurden die Beta-Zellen des Pankreas bei zwei Gruppen von Mäusen zerstört. Bei der Interventionsgruppe wurden die Pyloruszellen neuprogrammiert und bei der Kontrollgruppe nicht.
Während die Kontrollgruppe innerhalb von acht Wochen gestorben ist, hat die Interventionsgruppe eine effektive Insulinproduktion durch die Pyloruszellen und daraufhin normale Blutzuckerwerte für die gesamte Beobachtungsperiode  von sechs Monaten entwickelt. Das Ergebnis suggeriert, dass die Pyloruszellen eine suffiziente Kompensation geleistet haben.

Modifizierte Zellen müssen sich im Organismus adaptieren können

Um die transformierten Zellen in den Organismus reinzubringen, wurde das Pylorusgewebe zu einem Mini-Magen genäht und intraperitoneal implantiert. Diese Technik wurde bei 22 Mäusen angewendet, die Beta-Zellen des Pankreas wurden zerstört. Nach einer Beobachtungszeit, konnten fünf von den 22 Mäusen normale Blutzuckerwerte behalten. “Diese Rate war erwartet, da es darauf ankommt, ob sich die modifizierten Zellen im Organismus adaptieren können”, erklärt Prof. Zhou. “Aber wir sind optimistisch was die Verbesserung der Technik angeht.”

Ein großer Sprung wird jedoch bei der Anwendung am Menschen erwartet. Bisher ist es gelungen, bei einigen Individuen die Magenzellen zu biopsieren und in Insulin-produzierende Zellen umzuwandeln. Die Herausforderung besteht jetzt darin, das neue Organ wieder zu transplantieren und die Funktion des Organs zu erhalten. Es wird wahrscheinlich noch lange dauern, bevor diese Therapie eine ernsthafte Option für Patienten wird, hier wird jedoch ein kurativer Ansatz geboten, der für jeden Patienten spezifisch ist – ein weiterer Schritt in die individualisierte Medizin.

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Text: esanum/ am

Foto: Tashatuvango / Shutterstock