Der Impfstatus eines schwer erkrankten Covid-Erkrankten darf aus Sicht von Intensivmediziner:innen bei der Entscheidung über die weitere Behandlung keine Rolle spielen. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) betont jetzt diese Maxime in der aktualisierten Fassung ihrer Empfehlungen dazu, wie bei knappen Ressourcen während der Corona-Pandemie möglichst viele Menschen gerettet werden können. Die ärztliche Hilfspflicht gelte unabhängig davon, wie das Verhalten des Betroffenen vorher war, sagte Georg Marckmann, Vorstand des Instituts für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin in München am Freitag.
"Es ist so, dass wir den Lungenkrebs des Rauchers genauso behandeln wie die koronare Herzerkrankung des Übergewichtigen. Und genauso werden wir natürlich auch die Covid-Erkrankung von jemand behandeln, der sich nicht geimpft hat", sagte Marckmann. "Wie ein Kollege das mal sehr treffend auf den Punkt gebracht hat: "Wir sind Retter, keine Richter."
Mit den seit Wochen steigenden Zahlen an Neuinfektionen steigt die Zahl der Covid-Patient:innen, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen. In einigen Regionen stoßen die Kliniken bereits an Kapazitätsgrenzen, so dass erneut die Frage aufkommt, welche Patient:innen im Falle begrenzter Ressourcen behandelt werden müssen. Fachleute sprechen in diesem Fall von Triage oder Priorisierung. Im März 2020 hatten acht medizinische Fachgesellschaften Empfehlungen ausgearbeitet, die nun aktualisiert werden.
Wichtigstes Entscheidungskriterium bleibe die Erfolgsaussicht einer Behandlung. Dabei müssten alle bedürftigen Menschen gleich behandelt werden - Menschen etwa mit einem Herzinfarkt- oder Schlaganfall oder auch Krebspatient:innen dürften gegenüber Covid-19-Patient:innen nicht benachteiligt werden, betonen die Expert:innen.