Mehr als 80 Prozent der jungen Menschen mit Krebs können geheilt werden, aber die notwendige Therapie führt bei vielen von ihnen zu Unfruchtbarkeit. Durch das Einfrieren von Eizellen, Spermien oder Keimzellgewebe (Kryokonservierung) kann die Hoffnung auf eigene Kinder erhalten bleiben. Die Kryokonservierung kostet bis zu 4.300 € für junge Frauen und etwa 500 € für junge Männer. Dazu kommen Lagerkosten von etwa 300 € pro Jahr. Nach alter Gesetzeslage mussten die Betroffenen die Kosten selbst tragen. 2019 änderte der Bundestag das SGB V und machte die Kryokonservierung zur Kassenleistung.
"Für dieses Gesetz haben die Betroffenen so sehr gekämpft", sagte Prof. Dr. med. Mathias Freund, Vorsitzender des Kuratoriums der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs. "Aber leider hat sich für viele von ihnen noch nichts geändert." Einige große Krankenkassen übernehmen die Kryokonservierung nach wie vor nicht. Die Betroffenen müssen das Geld in der kurzen Zeit auftreiben, die ihnen nach der Diagnose ihrer Erkrankung bis zum Beginn der Therapie bleibt. Manche schaffen das nicht.
Die Begründung dieser Krankenkassen ist streng juristisch nicht angreifbar: Das Gesetz sieht vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine Richtlinie für die Durchführung der Kryokonservierung erlassen muss. Nach dem Zeitplan sollte der Entwurf dazu im November 2019 vorliegen und im kommenden Februar 2020 sollte die Richtlinie fertig sein. Der Entwurf steht aber immer noch aus.
Nach Fertigstellung und Genehmigung der Richtlinie durch das Ministerium müssen dann auch noch die Preise für die medizinischen Maßnahmen ausgehandelt werden. Dafür hat der Bewertungsausschuss ein weiteres halbes Jahr Zeit. "Es ist fraglich, ob das alles noch in diesem Jahr abgeschlossen wird", erklärte Freund und fuhr fort: "Es ist für die Betroffenen eine unerträgliche Situation. Die Kryokonservierung ist seit Langem medizinisch etabliert und wird in den relevanten Leitlinien der Fachgesellschaften empfohlen."
Es gibt aber auch Krankenkassen, die ihre Versicherten unterstützen. "Nach einer Umfrage haben uns sieben Krankenkassen zugesagt, dass sie die Betroffenen bei der Kryokonservierung auf individueller Basis finanziell unterstützen. Leider betrifft das nur etwa 14% der Versicherten", so Freund. Die Ergebnisse der Umfrage und weitere Erfahrungen aus der Beratung sind auf der Webseite der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs unter der Rubrik "Wissen" veröffentlicht. "Wir hoffen sehr auf eine flexible Haltung weiterer Krankenkassen und auf eine beschleunigte Umsetzung der Regelungen zur Kryokonservierung", schloss Freund ab.