In weiten Teilen bleiben die Eckpunkte allerdings im Vagen – es scheint lediglich eine Einigung mit dem Bundesfinanzministerium darüber zu geben, inwieweit noch Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Krankenkassen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden können.
Das für 2023 laut BMG erwartete Defizit der Krankenkassen liegt bei 17 Milliarden Euro. Dieses Defizit, so Lauterbach, habe er von seinem Vorgänger aufgrund neuer Leistungsgesetze "geerbt", es habe sich seit dem Regierungswechsel im Herbst 2021 nicht erhöht. Die teilweise auch pandemiebedingten Defizite von jeweils 14 Milliarden Euro im vergangenen und in diesem Jahr seien durch einen außerordentlichen Bundeszuschuss entsprechend abgedeckt worden.
Nach wochenlangen Verhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium sehen die Eckpunkte für die GKV-Finanzierung im kommenden Jahr wie folgt aus:
Wie die verbleibende Lücke von 3 Milliarden Euro gedeckt werden soll, ließ Lauterbach noch im Vagen. Fest zu stehen scheint, dass (mindestens) 1 Milliarde Euro durch eine Solidarabgabe der Arzneimittelhersteller beschafft werden soll. Diese soll sich am Umsatz orientieren. Ob sich dies auf Umsätze aller Hersteller rezeptpflichtiger Arzneimittel – also auch Generika und ältere nicht mehr patentgeschützte Präparate – bezieht oder nur auf die Umsätze mit patentgeschützten Arzneimitteln, die überproportionales Umsatzwachstum in den letzten Jahren erzielt haben, bleibt unklar. Die Rechtfertigung für diesen Eingriff sieht Lauterbach darin, dass die GKV-Umsätze mit Arzneimitteln im vergangenen Jahr ein Wachstum von 13 Prozent und in diesem Jahr voraussichtlich von 8 Prozent erreichen.
Den Kompromiss mit dem Finanzministerium bewertete Lauterbach als "gut"; er trage dies voll mit. Er werde den finanzpolitischen Zielen gerecht, im nächsten Jahr wieder die "schwarze Null" zu erreichen sowie einen Nachtragshaushalt und Steuererhöhungen zu vermeiden. Es werde keine Leistungskürzungen in der GKV geben, versicherte Lauterbach.
Aus diesem Grund seien auch keine Einschnitte bei Ärzten und Krankenhäusern geplant – es werde allerdings Korrekturen geben. So soll für die Vertragsärzte eine Sonderregelung nach dem Terminservice-Gesetz gestrichen werden, das besondere Anreize für die Versorgung neuer Patienten gesetzt hatte. Der Spitzenverband der Fachärzte reagierte darauf am Nachmittag scharf und nannte dies "Betrug". Diese Regelung werde die Budgetierung der Honorare für Fachärzte verschärfen und positive Effekte des Terminservice-Gesetzes zunichte machen.
Für die Krankenhäuser soll es eine Bereinigung einer möglichen Doppelfinanzierung von Pflegeleistungen geben, die wahrscheinlich daraus entstanden ist, dass seit 2020 die Pflegepersonalkosten nicht mehr aus den DRG finanziert werden, sondern über ein eigenes Pflegebudget in vollem Umfang von den Krankenkassen refinanziert werden müssen. In welchem Ausmaß diese Regelung und die Korrektur des Terminservice-Gesetzes die Krankenkassen entlasten könnte, ließ das BMG offen.
In der Überarbeitung befinden sich offenbar auch die Modalitäten der im AMNOG geregelten frühen Nutzenbewertung. In dem im März vorgelegten, nicht mit den Ressort abgestimmten Referentenentwurf war eine Absenkung der Umsatzschwelle für Orphan Drugs von derzeit 50 auf 20 Millionen Euro geplant, ferner eine Vorverlegung der Geltung des Erstattungsbetrages um ein halbes Jahr und ein Abschlag auf AMNOG-Arzneimittel, die in einer Kombinationstherapie eingesetzt werden. Ob dies nun wieder aufgegriffen werden soll, ließ Lauterbach offen und verwies auf die noch ausstehende Abstimmung mit anderen Ressorts, insbesondere dem Bundeswirtschaftsministerium.