Die Deutsche Diabetes Gesellschaft befürchtet, dass bei der geplanten Krankenhausreform sowohl die Bedeutung als auch die schon bestehenden Defizite bei der Versorgung von Diabetes-Patienten unterschätzt und vernachlässigt werden könnten. Aus diesem Grund fordert die Fachgesellschaft der Diabetologen im Zuge der Reform einen Fünf-Punkte-Plan umzusetzen, mit dem die Kompetenz der Krankenhäuser zur Versorgung von Patienten, die wegen ihres Diabetes oder mit Diabetes als Komorbidität stationär behandelt werden müssen.
Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission für die Klinikreform gehe davon aus, dass zu viele Diabetesfälle stationär behandelt werden, weil sie auch ambulant versorgt werden könnten. Diese Einschätzung, so DDG-Vizepräsident Professor Andreas Fritsche (Universität Tübingen) auf der DDG-Jahrespressekonferenz am 02.03. in Berlin, verkenne die Tatsache, dass jeder fünfte Krankenhauspatient – insgesamt drei Millionen Fälle – die Haupt- oder Nebendiagnose Diabetes hat. Aber nur etwa 20 Prozent der Krankenhäuser verfügten über eine zertifizierte Diabetes-Behandlung. Dies führe zu häufigen Komplikationen und bei jüngeren Diabetes-Patienten zu einer erhöhten Mortalität. 80 Prozent der Patienten haben Umfragen zufolge keinen Ansprechpartner für die bei ihnen eingesetzten Diabetes-spezifischen Technologien. In den Notaufnahmen mangele es an diabetologischer Kompetenz.
Die Trennung der Sektoren und das DRG-System hätten dazu geführt, dass die Kompetenz niedergelassener Diabetologen unzureichend von Kliniken genutzt werden, diese aber zugleich nur noch selten über eigenständige Diabetes-Abteilungen verfügen, ergänzte DDG-Vorstandsmitglied Dr. Tobias Wiesner.
Dies führe dazu, dass Diabetes-Patienten, die ambulant von Diabetologen mit Sensoren, AID-Systemen, Pumpen oder DiGAs ausgerüstet werden, bei einer Krankenhausbehandlung mangels hinreichender Kompetenz nicht hinreichend versorgt werden. Sehr häufig passiere es sogar, dass diese hilfreichen Systeme nicht verwendet, falsch angewendet oder gar abgeschaltet werden, wenn Patienten in technologisch unerfahrenen Abteilungen behandelt werden, kritisierte Wiesner. Als Folge dessen komme es bei den betroffenen Patienten zu schweren Komplikationen bis hin zur Ketoazidose oder Hypoglykämie. Diabetiker, die wegen eines Herzinfarkts, Schlaganfalls, Nierenschadens oder Krebs stationär aufgenommen werden, erhielten oft nur eine fachspezifische Versorgung – ohne Berücksichtigung der Nebendiagnose Diabetes und ohne Einbindung diabetologischer Kompetenz.
Um die Versorgung von Menschen mit Diabetes zu sichern und zu verbessern, hat die DDG einen Fünf-Punkte-Plan entwickelt, der im Zuge der Klinikreform umgesetzt werden soll. Gefordert werden:
Krankenhäuser des Levels 1i und 1n sollten unbedingt systematisch mit niedergelassenen Diabetologen kooperieren. In etlichen regionalen Initiativen sei dies bereits gelebter Alltag, so der niedergelassene Diabetologe Dr. Tobias Wiesner. Es wäre wünschenswert, wenn diese Fachärzte stationäre Strukturen etwa bei der Behandlung der diabetischen Ketoazidose oder im Rahmen des Hypoglykämie-Managements nutzen könnten.
Dringend notwendig sei aber auch die Sicherung und Entwicklung der Weiterbildungsstrukturen, etwa in Weiterbildungsverbünden. Hier seien auch die Ärztekammern in der Verantwortung, damit große Teile der Weiterbildung auch in der ambulanten Medizin absolviert werden können.
Ziel der Krankenhausreform sei es, bundesweit möglichst klare Aufgabenzuordnungen zu den verschiedenen Versorgungslevels zu schaffen, indem diesen Levels Leistungsbereiche zugewiesen werden, so der Neurologe Professor Armin Grau, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Gesundheitsausschusses. Endokrinologie und Diabetologie seien dabei als eigenständiger Leistungsbereich ausgewiesen. Bei der Ausgestaltung im Rahmen der Gesetzgebung sowie bei der Definition von Diabetes-Units und deren regionale Dislozierung müsse unbedingt der Sachverstand der Fachgesellschaft einbezogen werden. Ausdrücklich teilte Grau den Standpunkt der DDG, dass auf allen Kliniklevels künftig diabetologische Expertise verfügbar sein soll.