Immer mehr Menschen leben mit der Diagnose Krebs. Zum einen gibt es mehr Neuerkrankungen, zum anderen leben die Menschen dank guter Therapien länger. Experten wollen das genau im Auge behalten.
Der Aufbau des gemeinsamen Klinischen Krebsregisters Sachsen-Anhalt schreitet voran, muss aber noch digitale Hürden nehmen. Voraussichtlich im August wird eine Datenbank für die Regionen Dessau-Roßlau, Halle und Magdeburg entstehen, sagte der Geschäftsführer des Klinischen Krebsregisters Sachsen-Anhalt, Edgar Strauch. "Wir haben in der Datenbank 320.000 Schicksale. Jeder Fall hat zig Episoden." Ziel sei, alle Krebsfälle samt Behandlungsverlauf detailliert zu erfassen. Das soll perspektivisch Aussagen ermöglichen über den Erfolg von Therapien.
Anfragen von Hochschulen wie den Universitäten Halle und Magdeburg habe es bereits gegeben. Sie bentötigten die Daten für die Forschung, sie würden dafür dann anonymisiert. Aber auch Krankenkassen hätten schon nachgefragt. "Die Industrie sagt ganz klar, sie habe Interesse", sagte Strauch. Dafür gebe es aber deutliche Hürden. Strauch betonte, dass die Sicherheit der Daten der Patienten gewährleistet ist.
Das Register wird es laut Strauch ermöglichen, auf regionale Tumorhäufigkeiten zu schauen, wo welche Neuerkrankungen auftauchen und auch, wie viele Patienten dauerhaft in Behandlung sind. Experten gingen davon aus, dass zwischen 2014 und 2025 jährlich zehn Prozent mehr Neuerkrankungen hinzukämen. Das seien rund 500.000 Menschen deutschlandweit. Durch die Verbesserung der Therapien werde Krebs zunehmend zur chronischen Erkrankung, sagte Strauch. Die Menschen lebten länger mit der Krankheit, auch dank teurer Therapien. Es seien Strukturen nötig, um das zu beobachten.
Das Klinische Krebsregister ist auf die Meldungen behandelnder Ärzte angewiesen. "Wir hatten rund 72.000 Posteingänge im letzten Jahr", sagte Strauch weiter. Sie hätten sich sowohl auf Erstdiagnosen bezogen, auf Therapien, Zweittumore und auch Sterbefälle. Wie vollzählig damit alle Krebsfälle erfasst seien, sei derzeit nicht festzustellen, weil die dazu nötigen Daten des Gemeinsamen Krebsregisters der ostdeutschen Länder fehlten.
Klar ist aber: Nur rund zehn Prozent der Meldungen seien elektronisch eingegangen, andere kamen per Meldebogen-Vordruck oder Arztbericht. Der Aufwand, sie in die Datenbank einzupflegen sei hoch. Deshalb müsse mehr automatisiert werden. Die Software in den Arztpraxen biete keine richtige Schnittstelle, um an die notwendigen Informationen zu kommen. "Das kann man den Behandelnden nicht anlasten", betonte Strauch, der selbst Urologe ist und Tumorpatienten behandelt hat. Die Mediziner müssten sich auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren können.
Um das zentrale Krebsregister für Sachsen-Anhalt war lange gerungen worden, mit Jahresbeginn 2018 startete es schließlich. Per Gesetz sind Ärzte verpflichtet, die Daten zu liefern. Verstöße sind laut Strauch eine Ordnungswidrigkeit und können mit bis zu 50.000 Euro Strafe geahndet werden. Es würden sich nur wenige weigern und so habe das Krebsregister Sachsen-Anhalt noch kein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet und wolle es auch nicht tun. Strauch setzt auch auf die Bereitschaft der Patienten, ihre individuellen Daten zur Verfügung zu stellen. Sie könnten auch widersprechen.