Säuglingskoliken treten in den ersten fünf Monaten nach der Geburt mit einer Prävalenz zwischen 5 und 19 Prozent auf. Als funktionelle Magen-Darm-Erkrankung gehören sie zu den häufigsten gastroenterologischen Problemen in den ersten Lebensmonaten. Für Eltern können die oft über Stunden schreienden Babys eine erhebliche psychische und physische Belastung darstellen. Hauptsächlich tritt das Schreien oder laute Jammern am späten Nachmittag oder frühen Abend auf; manchmal auch nachts – ohne erkennbaren Auslöser, plötzlich und bei einem ansonsten vollkommen gesunden Kind.
Lediglich bei rund 5 Prozent gebe es eine organische Ursache für das Schreien, erklärte Professor Jan Däbritz, stellvertretender Direktor der Kinder- und Jugendklinik an der Universitätsmedizin Rostock, in einem speziellen Symposium zu Koliken auf dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin in Hamburg. Die Diagnostik zielt deshalb vorrangig darauf ab, eine organische Erkrankung auszuschließen. “Erbrechen, Blut oder Schleim im Stuhl und schlechtes Gedeihen können Warnzeichen für eine organische Erkrankung sein”, so Däbritz.
Therapieansätze richteten sich aufgrund des Fehlens einer nachweislich wirksamen Medikation vor allen an die Eltern, indem sie diesen helfen, über die mehrere Monate dauernde Schreiphase des Babys hinwegzukommen, ohne ihre Verzweiflung und Wut an dem Säugling auszulassen. Eine gefährliche Art des Missbrauchs des Babys aufgrund der Koliken ist das Schüttelsyndrom, das mit einer Prävalenz von 14,7-40,5 auf 100.000 Kindern auftritt, wie Dr. Erasmo Miele von der “Federico II” Universität in Neapel in seinem Vortrag erläuterte. Allein der Zusammenhang zwischen Schüttelsyndrom und Koliken mache es notwendig, weiter nach Medikamenten oder alternativen Lösungen zu forschen, argumentierte er.
Mangel an wirksamer Medikation
Miele wies sowohl auf die mangelnde Effektivität der zur Verfügung stehenden medikamentösen Behandlungsoptionen als auch auf Risiken einer Anwendung mit probiotischen Wirkstoffen bei Babys mit einem Alter von unter sechs Monaten hin. Er präsentierte eine aktuelle Studie aus Italien, die auf eine Wirksamkeit von pflanzlichen Wirkstoffen wie Kamille, Zitronenmelisse gekoppelt mit tyndallisierten Milchsäurebakterien bei Koliken schließen lasse. Derartige Nahrungsergänzungsmittel sind seit längerem auf dem italienischen Markt verfügbar – und seit kurzem auch in Deutschland. Die Tyndallisierung beinhaltet eine Deaktivierung von lebenden Bakterien durch Hitze. Proteine und immunisierende Merkmale bleiben erhalten. Eine Vergleichsstudie legt nahe, dass durch diese Kombination die Schreidauer zumindest reduziert werden kann.
Das Symposium “Management und therapeutische Möglichkeiten bei kindlichen Koliken” wurde von Humana unterstützt.