Krankheitsaktivität, Autoantikörper, Übergewicht: Was ist bei RA prognostisch relevant?

Anhand welcher negativen Prädiktoren lässt sich vorhersagen, dass ein Patient mit rheumatoider Arthritis möglicherweise nicht gut auf die Therapie anspricht? Und sind solche "Poor Prognostic Factors" in Therapieempfehlungen adäquat abgebildet?

Per HAQ-Fragebogen kritische Patienten identifizieren

Anhand welcher negativen Prädiktoren lässt sich vorhersagen, dass ein Patient mit rheumatoider Arthritis möglicherweise nicht gut auf die Therapie anspricht? Und sind solche "Poor Prognostic Factors" in Therapieempfehlungen adäquat abgebildet? Diesen Fragen gingen deutsche Rheumatologen in einer Auswertung der Registerdaten von rund 2.700 Patienten nach.

Bei rheumatoider Arthritis (RA) wurden negative prognostische Faktoren in fast alle Behandlungsempfehlungen aufgenommen. Am häufigsten berücksichtigt werden eine hohe Krankheitsaktivität, frühe Gelenkerosionen sowie der Nachweis von Autoantikörpern. Empfehlungen des American College of Rheumatology (ACR) aus dem Jahr 2012 beinhalten zusätzlich funktionelle Einschränkungen und extraartikuläre Manifestationen. Die 2016 aktualisierten Empfehlungen der European League Against Rheumatism (EULAR) führen – neben Autoantikörpern, hoher Krankheitsaktivität und früh vorhandenen Erosionen – das Versagen von zwei konventionellen synthetischen krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Medikamenten (csDMARDs) als negativen Prädiktor auf. Diese Kriterien sollten laut EULAR bei Therapieentscheidungen berücksichtigt werden, wenn das Ziel der niedrigen Krankheitsaktivität (Low Disease Activity, LDA) oder Remission mit der Erstlinientherapie nach sechs Monaten nicht erreicht wurde: Liegen keine negativen Prädiktoren vor, sollte der Patient auf ein anderes csDMARD umgestellt oder das erste mit einem zweiten csDMARD kombiniert werden. Anderenfalls wird die Umstellung auf ein biologisches DMARD oder einen Janus-Kinase-Inhibitor empfohlen. Die aktuellen Guidelines des ACR empfehlen Therapieentscheidungen ausschließlich auf Basis der Krankheitsaktivität.

Drei Kohorten aus zwei Registern

Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einfluss traditionell berücksichtigter prognostische Faktoren in Bezug auf das Erreichen einer LDA oder Remission an einer großen Kohorte von RA-Patienten zu untersuchen. Analysiert wurden drei Zeitpunkte, zu denen Therapieentscheidungen getroffen wurden: 1. Therapiebeginn mit dem ersten csDMARD, 2. Therapiebeginn mit dem zweiten csDMARD, 3. Umstellung auf den ersten Tumor-Nekrose-Faktor-Inhibitor (TNFi). Die auf ihren prädiktiven Wert hin untersuchten Faktoren waren:

Ausgewertet wurden Daten von Patienten der CAPEA (Course And Prognosis of Early Arthritis)-Kohorte und des deutschen RABBIT (Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie)-Registers. Unter ihnen starteten 713 Patienten der CAPEA-Kohorte mit dem ersten csDMARD (Kohorte 1). 1.613 Patienten des RABBIT-Registers wurden auf ein zweites csDMARD (Kohorte 2) und 388 Patienten auf einen TNFi (Kohorte 3) umgestellt. Die Erkrankungsdauer in den drei Kohorten betrug 13 Wochen bzw. 4,8 und 6,5 Jahre.

Autoantikörper ohne Aussagekraft

Der Anteil der Patienten mit hoher Krankheitsaktivität (DAS28>5,1) bei Baseline belief sich auf 53 % in Kohorte 1, 35 % in Kohorte 2 und 58 % in Kohorte 3. 41 % (Kohorte 1) bis 53 % (Kohorte 3) waren mit HAQ-Werten ≥1,2 funktionell eingeschränkt. 31-54 % der Patienten hatten zwei oder mehr Komorbiditäten. Der Anteil der Patienten mit Erosionen stieg von 17,1 % in Kohorte 1 auf 46,1 % in Kohorte 3. Das Ziel der LDA bzw. Remission nach sechsmonatiger Therapie wurde mit dem ersten csDMARDs bei 58 % bzw. 39 %, mit dem zweiten csDMARDs bei 45 % bzw. 26 % und mit dem ersten TNFi bei 48 % bzw. 30 % erreicht.

Nach Therapiebeginn mit dem ersten csDMARD waren eine hohe Krankheitsaktivität, funktionelle Beeinträchtigungen und Übergewicht (BMI>30) mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit assoziiert, nach sechs Monaten das Ziel der LDA zu erreichen. Bei den auf ein zweites csDMARD umgestellten Patienten waren außerdem Komorbiditäten ein unabhängiger Prädiktor. In der TNFi-Kohorte waren eine hohe Krankheitsaktivität, funktionelle Beeinträchtigungen und Komorbiditäten mit einem schlechteren Outcome assoziiert. Für den Autoantikörperstatus, Erosionen und aktuellen Nikotinabusus zeigte sich in keiner der drei Kohorten ein Zusammenhang. Wie die Autoren einschränkend einräumen, lagen keine Informationen zu neuen Erosionen im Follow-Up vor. Dies entspricht jedoch der Routine außerhalb von Studien. Im Hinblick auf das Erreichen der Remission stimmten die Ergebnisse weitgehend überein. Diesbezüglich war in Kohorte 2 aber auch Rauchen ein negativer Prädiktor.

Fazit

Allen aktuellen Therapieempfehlungen zufolge ist eine hohe Krankheitsaktivität der wichtigste prognostische Faktor bei RA. Die vorliegende Studie bestätigt den hohen prädiktiven Wert in allen drei untersuchten Kohorten. Wird – wie in den ACR-Empfehlungen – allein die Krankheitsaktivität berücksichtigt, lässt dies jedoch die Aussagekraft funktioneller Einschränkungen sowie von Komorbiditäten und Übergewicht außer Acht. Die vorliegende Studie bestätigt das Potenzial, mit dem HAQ-Fragebogen jene Patienten zu identifizieren, deren Wahrscheinlichkeit des Erreichens einer LDA oder Remission vermindert ist. Rauchen und Übergewicht waren teilweise ebenfalls mit einem schlechteren Ansprechen assoziiert. Autoantikörper und Erosionen eignen sich im klinischen Alltag dagegen mutmaßlich nicht, um Therapieentscheidungen zu treffen.

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Quelle:
Baganz L, Richter A, Albrecht K. Are prognostic factors adequately selected to guide treatment decisions in patients with rheumatoid arthritis? A collaborative analysis from three observational cohorts. Semin Arthritis Rheum 2018 [Epub ahead of print]