Patienten mit Seltenen Erkrankungen machen oft eine wahre Ärzte-Odyssee mit. Die Diagnose lässt lange auf sich warten. Lotsen, die Experten für Körper und Geist sind, sollen den Betroffenen nun rascher zur passenden Therapie verhelfen.
Patienten mit Seltenen Erkrankungen sollen in Sachsen-Anhalt schneller eine Diagnose und die entsprechende Therapie erhalten. Dazu entsteht im Mitteldeutschen Kompetenznetz für Seltene Erkrankungen (MKSE) eine spezielle Lotsenstruktur mit je einem Facharzt für die körperlichen und psychiatrisch-psychosomatischen Beschwerden, wie der Leiter des MKSE, Klaus Mohnike, am Montag in Magdeburg sagte. Sie seien bundes- und europaweit vernetzt und sollen Betroffenen und ihren Hausärzten den Weg zu den richtigen Spezialisten weisen.
Für Patienten sei es oft eine Frage des Zufalls, ob sie an den richtigen Arzt geraten, sagte Mohnike. Am Magdeburger Universitätsklinikum gebe es das Kompetenznetz seit 2013, eine enge Zusammenarbeit gibt es mit dem Uniklinikum Halle und weiteren Kliniken im Land. Das MKSE erreichen jährlich 350 bis 400 Anfragen überwiegend von Patienten selbst. Sie hätten oft eine Odyssee durch zahlreiche Arztpraxen hinter sich - eine klare Diagnose fehle häufig dennoch. Nicht nur personell sei man aber an die Grenzen gestoßen.
Mohnike und seine Kollegen in bundesweit elf ähnlichen Kompetenzzentren für Seltene Erkrankungen erörtern unklare Fälle gemeinsam, tauschen sich aus und kennen die entsprechenden Spezialisten. Mohnike berichtete von einem Kind, bei dem schon im Neugeborenenalter Parkinson aufgetreten ist. Es liege ein Gendefekt vor, der den Stoffwechsel schwer beeinträchtige. Die Häufigkeit dieser Erkrankung liege bei eins zu einer Million. Kollegen in Heidelberg hätten fünf solche Patienten - entsprechend werde das Kind zwar in Magdeburg untersucht, aber von Heidelberg aus beraten.
Eine Erkrankung gilt in der Europäischen Union als selten, wenn höchstens 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Aktuell wird von bis zu 8000 unterschiedlichen Seltenen Erkrankungen ausgegangen. Die Patienten tauschen sich laut Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) rege untereinander aus und seien der Motor für das Projekt und für stetige Verbesserungen gewesen.
Für das auf drei Jahre angelegte Projekt wurden laut Mohnike 450.000 Euro aus dem Innovationsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung eingeworben. Der Innovationsfonds speist sich aus Mitgliedsbeiträgen. Zwischen 2016 und 2019 kommen den Angaben zufolge so jährlich 300 Millionen Euro für neue Versorgungsformen und die Forschung zusammen.