Die höchsten Risikoraten werden bei Frauen mit SLE gefunden, die mit immunsuppressiven Wirkstoffen therapiert werden. Diese Fakten betonen die Bedeutung eines Screenings auf Gebärmutterhalskrebs für Frauen mit SLE. Diese Daten wurden auf einer Tagung für Kurzvorträge auf dem EULAR Annual Congress 2016 in London präsentiert.
Bereits Studien aus der Vergangenheit legten nahe, dass SLE oder seine Behandlung ein Risikofaktor für zervikale Neoplasien darstellen könnten. Dennoch waren die Patientenzahlen in den Studien aufgrund der relativen Seltenheit der Erkrankung niedrig und die Studien blieben ergebnislos. “Um das Risiko für zervikale Neoplasien bei Frauen mit SLE zu untersuchen, nutzten wir Daten aus den nationalen schwedischen Patienten- und Apothekenregistern, um eine Kohorte von fast 5000 Frauen mit SLE zusammenzustellen und einer daran angepassten Kohorte von über 28000 Frauen aus der schwedischen Allgemeinbevölkerung gegenüberzustellen”, erklärte Hjalmar Wadström (Student am Karolinska Institut, Stockholm). Die Referenzkohorte wurde nach Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Inanspruchnahme des Gesundheitssystems, Anzahl der Kinder, Familienstand, Familienanamnese Gebärmutterhalskrebs und Screenings angepasst. Daten zum Gebärmutterhals-Screening kamen von der sogenannten Swedish National Cervical Screening Registry, die Daten zu allen PAP-Abstrichen zusammenträgt.
Verglichen mit der Allgemeinbevölkerung war die Rate für zervikale Dysplasien oder invasive Karzinome unter Frauen mit SLE (Risikoquotient=2,12, 95% Konfidenzintervall 1,65-2,71) doppelt so hoch. SLE schien ein Risikofaktor für zervikale Malignitäten zu sein, auch noch nach der Anspassung nach wichtigen Risikofaktoren wie ein vorangegangenes Screening auf Gebärmutterhalskrebs. Ähnlich waren die Ergebnisse für das Risiko einer zervikalen Dysplasie bei verschiedenen Schweregraden, allerdings war dieser Vergleich aufgrund mangelnder Fälle und zu kurzer Follow-Up-Perioden weniger signifikant.
“Unter Verwendung des Registers für verordnete Medikamente war es uns möglich, zwei SLE-Untergruppen zu identifizieren, eine unter Hydroxychloroquin-Therapie (n = 1783) und die zweite unter anderen immunsuppressiven Therapien mit oder ohne Hydroxychloroquin (n = 1981).” Die Rate an zervikalen Neoplasien schien unter Frauen mit SLE und systemischer Immunsuppression viel höher zu sein als bei den SLE-Patientinnen, die nur Malariamedikamente erhielten. Das Risiko einer zervikalen Neoplasie bei immunsuppressiv behandelten SLE-Patientinnen war fast dreimal so hoch wie in der Referenzgruppe (Risikoquotient 2,72), wohingegen das Risiko bei den “SLE-Patientinnen mit Malariamedikation” weniger stark erhöht war (Risikoquotient 1,5).
“Die Therapie fungiert möglicherweise als Stellvertreter für den Schweregrad der Krankheit”, erklärte Walström. “SLE ist eine heterogene Erkrankung mit zahlreichen Phänotypen, die von einer milden, lokal begrenzten Krankheit bis zu einer lebensbedrohlichen systemischen Krankheit reichen. Patienten unter Hydroxychloroquin-Therapie tendieren dazu, weniger schwerwiegende Verläufe zu zeigen, während schwerere Manifestationen und Organbeteiligungen möglicherweise eine potente zytotoxische, immunsuppressive Therapie erfordern.”
Die Auswirkung dieser Fakten auf den klinischen Bereich umfasst, dass SLE-Patienten – besonders wenn sie immunsuppressiv behandelt werden – einem erhöhten Risiko für zervikale Neoplasien unterliegen und daher adäquat überwacht werden sollten, ganz gleich ob das erhöhte Risiko aus einem schwereren Krankheitsverlauf resultiert oder Konsequenz einer Behandlung ist.