Immer mehr alte Menschen leiden an Mangelernährung. Besonders betroffen sind Unverheiratete und getrennt oder geschieden Lebende – während verheiratete und verwitwete Männer und Frauen besser für sich sorgen. Auch wer Probleme beim Gehen oder Treppensteigen hat oder vor Kurzem im Krankenhaus war, leidet häufiger an Mangelernährung als seine Altersgenossen. Das ist das Ergebnis einer Metaanalyse von Prof. Dr. Dorothee Volkert und ihrem Team vom Institut für Biomedizin des Alterns (IBA) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), die jetzt im "Journal of the American Geriatrics Society" veröffentlicht wurde.
Mangelernährung kann in jedem Alter auftreten, doch ältere Menschen ab 65 Jahren sind besonders davon betroffen. "Wir sprechen von Mangelernährung oder Malnutrition, wenn Menschen viel zu wenig Nahrung aufnehmen und dem Körper deshalb Energie und Nährstoffe fehlen", erläutert Prof. Dr. Dorothee Volkert den Begriff, für den es derzeit keine verbindliche wissenschaftliche Definition gibt. "Die Folgen der Mangelernährung sind vielfältig. Sie reichen von Gewichtsverlust über eine Schwächung des Immunsystems bis hin zu funktionellen Beeinträchtigungen der Muskulatur und aller Organe. Der Körper greift auf alle Reserven zurück."
Den Ursachen der Mangelernährung im Alter ist die Ernährungswissenschaftlerin der FAU zusammen mit Forschenden aus sieben Ländern auf der Spur. Im Verbundvorhaben "Mangelernährung im Alter" (MaNuEL) arbeiten 22 Forschungsgruppen aus Österreich, Frankreich, Deutschland, Irland, Spanien, den Niederlanden und Neuseeland zusammen.
Die Forscherteams tauschten im Rahmen von MaNuEL ihr Know-how auf dem Gebiet der Mangelernährung bei älteren Menschen aus und wollen nun in einem nächsten Schritt auf Grundlage der gemeinsamen Datenbasis Empfehlungen zum Screening und zur Prävention von Mangelernährung bei älteren Menschen aussprechen. Eine der beiden Koordinatorinnen des Projekts ist Prof. Dr. Dorothee Volkert vom Institut für Biomedizin des Alterns (IBA) an der FAU.
Am IBA ist das Arbeitspaket "Determinanten von Mangelernährung" angesiedelt. "Bisher wussten wir leider nicht, welche Faktoren entscheidend für eine Mangelernährung sind", so Volkert. Die Ernährungswissenschaftlerin ging deshalb mit ihrem Team der Frage nach, welche von insgesamt 23 Variablen – von Kaubeschwerden und Schluckstörungen über kognitive Beeinträchtigungen bis hin zu Einsamkeit und Depression oder den Umzug in ein Pflegeheim – eine entscheidende Rolle bei der Mangelernährung spielen. "Sechs vorhandene Datensätze aus Studien mit alten Menschen über 65 Jahren wurden von den beteiligten Forschungspartnern anhand eines gemeinsamen Schemas neu ausgewertet. Die Ergebnisse haben wir in einer Metaanalyse zusammengeführt", erläutert Prof. Dr. Volkert. Das Gesamtergebnis: "Erstaunlich wenig Faktoren haben einen Einfluss auf die Entstehung von Mangelernährung bei älteren Menschen gezeigt. Nur das Alter, der Familienstand, Einschränkungen beim Gehen und Treppensteigen sowie Krankenhausaufenthalte spielen eine signifikante Rolle", fasst die Koordinatorin die Ergebnisse der Metaanalyse zusammen. Keine Rolle spielte dagegen Appetitlosigkeit, die oft als wesentliche Ursache von Mangelernährung gilt.
Das Durchschnittsalter der 4.844 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der sechs zugrundeliegenden Studien lag zwischen 72 und 85 Jahren. Alle Befragten leben in Privathaushalten in Deutschland, Irland, den Niederlanden und Neuseeland. Zwischen 4,6 und 17,2 Prozent der Teilnehmenden in den eingeschlossenen Studien entwickelten im Verlauf der Studien eine Mangelernährung. "Je älter die Menschen sind, desto wahrscheinlicher ist Mangelernährung", so Prof. Dr. Dorothee Volkert. "Jedes neue Lebensjahr erhöht das Risiko ein kleines bisschen."
Um weiteren Faktoren auf die Spur zu kommen, empfiehlt die Wissenschaftlerin Folgestudien mit einer einheitlichen Vorgehensweise. "Wir brauchen eine gemeinsame Definition von Mangelernährung und müssen unser Studiendesign vereinheitlichen. Nur so kommen wir zu vergleichbaren Ergebnissen und können Empfehlungen für präventive Maßnahmen geben."
Quelle: FAU