Medikament gegen Brustkrebs könnte MRSA bekämpfen

Forscher entdeckten, dass ein Medikament zur Behandlung von Brustkrebs auch gegen MRSA – eines der am häufigsten salienten Superbakterien – wirken könnte. Die zunehmenden Antibiotikares

Forscher entdeckten, dass ein Medikament zur Behandlung von Brustkrebs auch gegen MRSA – eines der am häufigsten salienten Superbakterien – wirken könnte.

Die zunehmenden Antibiotikaresistenzen sind ein immer ernster zu nehmendes Problem weltweit – im vergangenen Jahr warnte die World Health Organisation (WHO) davor. Sollten nicht bald mehr Wege eingeleitet werden, dieses Problem in den Griff zu bekommen, steuern wir geradewegs auf eine “Post-Antibiotische Ära” zu. Jetzt haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ein bereits existierendes Medikament zur Brustkrebsbehandlung auch gegen eines der am häufigsten vorkommenden Superbakterien wirken könnte: MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus).

Die Studie (DOI: 10.1038/ncomms9369), veröffentlicht im Journal Nature Communications, berichtet davon, wie das Medikament Tamoxifen das Immunsystem stärkt und dadurch die MRSA-Infektion in Mäusen vermindert.

MRSA ist eine der häufigsten Ursachen für nosokomiale Infektionen in Deutschland und den USA. Das Bakterium ist verantwortlich für eine Reihe von schweren Krankheiten wie zum Bespiel Pneumonie, Infekte der Blutbahn, sowie Haut- und Wundinfektionen.

Laut des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) kommt es in den Vereinigten Staaten jedes Jahr zu mehr als 80.000 invasiven MRSA-Infektionen, von denen mehr als 11.000 schließlich zum Tode der Betroffenen führen.

MRSA verbucht starke Resistenz gegen Antibiotika

MRSA stellt eine immer größer werdende Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Grund für den Erfolg des Bakteriums ist seine äußerst starke Resistenz gegenüber vielen Antibiotika, wodurch eine Behandlung äußerst schwierig ist und es sehr häufig zu lebensbedrohlichen Verläufen kommt. Laut Zahlen der WHO haben Patienten mit MRSA im Körper eine um 64% höhere Wahrscheinlichkeit an einer derartigen Infektion zu sterben, als Patienten, die mit einer nicht resistenten Form von S. Aureus infiziert sind.

Während die Weltmarktführer darauf drängen, eine neue Generation von Antibiotika zu entwickeln, haben einige Wissenschaftler sich damit beschäftigt, wie bereits vorhandene Medikamente genutzt werden könnten, um das Problem der Resistenzen in Angriff zu nehmen.

“Die Bedrohung durch multiresistente bakterielle Erreger wächst stetig an. Dennoch sind keine neuen Antibiotika in absehbarer Zeit in Aussicht”, sagt der leitende Autor der Studie Dr. Victor Nizet – ein Professor für Pädiatrie und Pharmazie an der Universität von Kalifornien – San Diego. “Wir müssen unsere Hausapotheken öffnen und einen genauen Blick auf das antibakterielle Potential bereits vorhandener Medikamente werfen. Sie haben den Vorteil, dass sie bereits sicher sind und somit sofort am Patienten eingesetzt werden könnten.”

Tamoxifen verbessert das Überleben und vermindert Ausbreitung von MRSA in Mäusen

Tamoxifen ist ein Medikament, das gegenwertig zur Behandlung von Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs eingesetzt wird. Es wirkt, indem es an den Rezeptor für das Hormon Östrogen bindet, welches einige Brusttumore zum Wachsen benötigen.

Das ist allerdings nicht die einzige Eigenschaft von diesem Medikament. Vorherige Forschungsarbeiten haben gezeigt, wie Tamoxifen Zellen dabei beeinflusst, bestimmte Fettmoleküle namens Sphingolipide zu bilden. Diese Sphingolipide spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation von neutrophilen Granulozyten – eine weiße Blutzelle, die das Abwehren von Infektionen begünstigt – insbesondere solche mit bakteriellem Ursprung.

Mit diesem Vorwissen im Hinterkopf haben es sich Dr. Nizet und seine Kollegen zum Ziel gemacht, herauszufinden, ob Tamoxifen durch die Beeinflussung der neutrophilen Granulozyten, möglicherweise eine Wirkung gegen MRSA entfalten kann.

Am Anfang behandelte das Team humane Neutrophile mit Tamoxifen. Verglichen mit unbehandelten Neutrophilen, beobachteten die Forscher, dass die behandelten Zellen nicht besser darin waren, Bakterien anzugreifen und zu phagozytieren. Auffällig war jedoch, dass die behandelten Neutrophilen rund drei Mal so viele “neutrophile extrazelluläre Fallen” (NETs) bildeten, wie ihre unbehandelten Artgenossen. Bei diesen Fallen handelt es sich um große Mengen von DNA, Enzymen und Proteinen, die von den Zellen ausgestoßen wurden, um Pathogene zu binden und abzutöten.

Die Arbeitsgruppe fand auch heraus, dass andere Medikamente, die ebenfalls den Östrogenrezeptor blockieren, diese Wirkung von Tamoxifen nicht hervorgerufen haben. Weitere Untersuchungen ergaben dann, dass Tamoxifen eine immunstärkende Wirkung erreicht, indem es die Aktivität bestimmter Sphingolipide namens Ceramide beeinflusst.

Als nächstes testeten die Wissenschaftler den Effekt von Tamoxifen in Mäusen, welche entweder mit Tamoxifen oder einem Kontrollmedikament vorbehandelt wurden. Eine Stunde nach der Medikamentengabe wurden die Mäuse mit MRSA infiziert. Gleiches tat man auch 8 Stunden nach der Vorbehandlung. Das Team überwachte die Tiere anschließend für 5 Tage.

Während die Mäuse, die das Kontrollmedikament erhielten, nicht länger als einen Tag überlebten, waren 35% Prozent der mit Tamoxifen behandelten Mäuse auch noch nach den vollen 5 Tagen am Leben. Was aber noch eindrucksvoller war, ist die Tatsache, dass die Erregermenge in der Peritonealflüssigkeit der Tamoxifen-Mäuse rund 5 Mal niedriger war, als bei den Kontrollmäusen.

Dr. Nizet kommentiert diese Ergebnisse folgendermaßen:

“[…] Wir haben herausgefunden, dass Tamoxifen pharmakologische Eigenschaften hat, die dabei helfen könnten das Immunsystem von immunsupprimierten Patienten oder solchen bei denen herkömmliche Antibiotika versagt haben, zu unterstützen.”

Während Tamoxifen eine potentielle Wirksamkeit gegen MRSA zu haben scheint, weisen die Wissenschaftler jedoch darauf hin, dass diese Effekte nicht unbedingt auf andere Antibiotika-resistente Keime übertragbar sind, weil einige von ihnen über Strategien verfügen mit denen sie die NETs der Neutrophilen überlisten.

“Potentieller Niedergang von Tamoxifen in der Brustkrebsbehandlung”

Die Arbeitsgruppe merkt außerdem an, dass die Ergebnisse ihrer Studie den möglichen Niedergang des Medikaments Tamoxifen zur Brustkrebsbehandlung unterstreichen. Sie erklären, dass die exzessive Bildung von NETs in der Abwesenheit einer Infektion gefährlich sein kann. Vorhergegangene Forschungsarbeiten assoziierten das Medikament mit verschiedenen inflammatorischen Erkrankungen wie zum Beispiel Asthma bronchiale und Vaskulitis – eine Entzündung der Blutgefäße.

Dr. Nizet sagt: “Während Tamoxifen für seine Effizienz gegen Brustkrebszellen bekannt ist, werden die Wirkungen auf viele andere Zellen, die dem Wirkstoff ebenfalls ausgesetzt sind, weitgehend ignoriert. Die Nebenwirkungen, welche wir in unserer Studie identifiziert haben, könnten kritische Auswirkungen auf den Einsatz von Tamoxifen in der Klinik haben. Gerade dann, wenn man berücksichtigt, wie viele Patienten es täglich mehrmals und über Jahre hinweg einnehmen.”

Text: esanum/ pvd

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