Wer gesetzlich versichert ist und zum Arzt muss, braucht nur seine "Chipkarte" und bekommt dann die notwendige Behandlung. Freiwillige Zusatzleistungen kosten aber. Die Krankenkassen kritisieren, dass einige Praxen darüber versuchten, Kasse zu machen.
Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (MDS) hat Vorwürfe gegen deutsche AugenärztInnen erhoben. Diese hielten sich häufig nicht an allseits anerkannte Regeln für den Verkauf von IGeL-Leistungen an Patienten, sagte MDS-Geschäftsführer Peter Pick am Freitag in Berlin. Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) wies die Kritik entschieden zurück.
Der MDS bemängelt, dass bei PatientInnen Angst vor dem Verlust der Sehkraft geschürt werde, um dann bestimmte Untersuchungen zu verkaufen, die von den Krankenkassen nicht bezahlt werden. Es gehe nicht um eine pauschale Anklage aller AugenärztInnen, sagte Pick, "aber es ist eine relevante Anzahl und da muss sich etwas ändern". Ältere Menschen oder PatientInnen mit wenig Geld sowie Versicherte in ländlichen Regionen mit geringer Augenarztdichte würden unter Druck gesetzt. "Im Einzelfall wird sogar die Versorgung von Patientinnen und Patienten verweigert, wenn diese IGeL ablehnen. Das ist Wildwest in der Augenarztpraxis", sagte Pick. Es gebe auch bei anderen Arztgruppen entsprechende Phänomene, aber nicht in dieser Häufigkeit.
Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) sieht in den Vorwürfen "vor allem Stimmungsmache gegen Augenärzte". In einer Mitteilung kritisierte der Verband am Freitag das Vorgehen des Medizinischen Dienstes. Dieser hatte den Einsatz einer bestimmten hochauflösenden Messmethode zur Früherkennung des Grünen Stars, einer Erkrankung, die unbehandelt bis zur Erblindung führen kann, als eher schädlich als nützlich für PatientInnen eingestuft.
Der Augenärzte-Verband verwies dagegen darauf, dass die genannte Messmethode bei der Früherkennung in der Praxis gar keine Rolle spiele, sondern sich bei der Verlaufskontrolle des Grünen Stars bewährt habe. Nach MDS-Angaben bieten aber manche Augenarztpraxen genau diese Methode kostenpflichtig auch zur Früherkennung an. Grundlage seien eigene Recherchen in Augenarztpraxen und Berichte von Patientinnen und Patienten.
Die kostenpflichtigen Zusatzleistungen, die Ärzte für gesetzlich Versicherte anbieten, werden vom MDS laufend mit Blick auf ihren möglichen Nutzen bewertet. Ungefähr eine Milliarde Euro im Jahr geben PatientInnen in Arztpraxen laut Medizinischem Dienst dafür aus. Das reicht von Akupunkturen bis hin zur Laser-Behandlung von Krampfadern. Stand August haben die Gutachter nach eigenen Angaben inzwischen 51 solcher IGeL-Angebote unter die Lupe genommen. Eins davon - die Stoßwellentherapie bei Fersenschmerz - ist inzwischen eine Kassenleistung, zwei Zusatzangebote wurden als "tendenziell positiv" bewertet, der Rest mit "unklar", "tendenziell negativ" oder "negativ".