Merkel: Gute Entwicklungen des Corona-Infektionsgeschehens

Das Corona-Infektionsgeschehen hat sich gut entwickelt, sagt die Kanzlerin. Man könne über Lockerungen reden. Aber bei Überschreiten einer Obergrenze von Infektionen müssten die Länder zurück zu den alten Beschränkungen.

Lockerungen bei strikter Begrenzung der Neu-Infektionen

Das Corona-Infektionsgeschehen hat sich gut entwickelt, sagt die Kanzlerin. Man könne über Lockerungen reden. Aber bei Überschreiten einer Obergrenze von Infektionen müssten die Länder zurück zu den alten Beschränkungen.

Der Bund will die Verantwortung für weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen in Deutschland weitgehend den Ländern überlassen. Er besteht aber auf einer Obergrenze von Neuinfektionen, ab der wieder härtere Beschränkungen greifen müssen. Das geht aus einer Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs der Länder hervor.

Die Länder sollten demnach sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 EinwohnerInnen innerhalb der letzten sieben Tage sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umgesetzt werde. "Ab einer gewissen Relevanz muss auf eine regionale Dynamik mit hohen Neuinfektionszahlen und schnellem Anstieg der Infektionsrate sofort vor Ort mit Beschränkungen reagiert werden", heißt es in der Vorlage.

Besonders sensibel seien Lockerungen bei den Schulöffnungen, in der Gastronomie und bei den Hotels. Denn dann komme es wieder zu Reisen in Deutschland, und die Gefahr von neuen Infektionengeschehen nehme zu, so die Kanzlerin.

Kontaktzahlen und Regional-Faktor

Für den Anti-Corona-Kampf bleibt es zentral, Infektionsketten nachzuvollziehen, um möglichst alle Kontaktpersonen zu finden, zu testen und notfalls in Quarantäne zu schicken. Ob die Gesundheitsämter das schaffen können, hängt von der Zahl der Neuinfektionen ab. Für den Bund ist es grundsätzlich eine Herausforderung, ein großes Durcheinander von Regelungen quer durch die Republik zu vermeiden. Andererseits können abgestufte Lösungen, die sich am Infektionsgeschehen vor Ort orientieren, genauer passen.

Mindestabstand

Als weiterhin entscheidend wird in der Vorlage bezeichnet, dass BürgerInnen in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Dies sei die wichtigste Maßnahme gerade angesichts der Öffnungen. Sie werde "noch für lange Zeit" erhalten bleiben.

Geschäfte

Die Länder können alle Geschäfte wieder öffnen - ohne Quadratmeterbegrenzung. Es müssten Auflagen zur Hygiene, der Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen erfüllt werden. Wichtig sei dabei, dass eine maximale Personenzahl von Kundschaft und Personal bezogen auf die Verkaufsfläche vorgegeben werde. Seit dem 20. April sind kleine und mittlere Läden wieder geöffnet, aber nur bis zu einer Verkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern. Das hatte für Kritik gesorgt. Für Buchhandlungen, Auto- und Fahrradhandel gilt dies ohne die Flächenbegrenzung.

Schulen

Allen SchülerInnen soll schrittweise unter Auflagen bis zu den Sommerferien eine Rückkehr an die Schulen ermöglicht werden. SchülerInnen mit besonderem Unterstützungsbedarf etwa wegen der häuslichen Situation oder der technischen Ausstattung sollten "möglichst umgehend gezielte pädagogische Präsenzangebote an den Schulen erhalten".

Abschlussklassen, ältere Grundschulkinder und Klassen, die nächstes Jahr Prüfungen ablegen, sind bereits vielerorts wieder an den Schulen. Konsens der Bildungsminister der Länder ist außerdem, dass bis zu den Sommerferien etwa über Schichtmodelle alle anderen SchülerInnen wenigstens zeitweise wieder in die Schulen zurückkehren können, dass es aber ein Normalbetrieb erstmal nicht geben wird.

Kinderbetreuung

Um die schwierige Situation von Familien mit Kindern zu erleichtern, kann vom 11. Mai an eine erweiterte Notbetreuung in allen Bundesländern eingeführt werden. Dazu gehören vordringlich unter anderem Kinder mit besonderem pädagogischen oder Sprachförderbedarf, Kinder, die in beengten Wohnverhältnissen leben - etwa wenn ein eigenes Kinderzimmer fehlt - sowie Kinder, die am Übergang zur Vorschule oder Schule stehen. Die Einzelheiten sollen die Länder regeln. Diese weiten die Notbetreuung bereits schrittweise aus und haben auch schon weitere Pläne angekündigt. 

Krankenhäuser, Pflegeheime, Senioren- und Behinderteneinrichtungen 

In alle bisher schon von den Ländern erlassenen Verfügungen soll eine Regelung aufgenommen werden, "die jedem Patienten/Bewohner einer solchen Einrichtung die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine definierte Person ermöglicht wird, sofern es aktuell kein aktives Sars-Cov-2-Infektionsgeschehen in der Einrichtung gibt".

Großveranstaltungen

Volksfeste, größere Sportveranstaltungen mit ZuschauerInnen, größere Konzerte, Festivals, Dorf-, Straßen- oder Schützenfeste sowie Kirmes-Veranstaltungen bleiben wegen der Corona-Pandemie untersagt - voraussichtlich bis mindestens zum 31. August. In einigen Ländern sind bereits große Veranstaltungen bis Herbst abgesagt, wie das Oktoberfest in München, das Cannstatter Volksfest in Stuttgart, der Marathon in Berlin.

Kultur

Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Zoos oder botanische Gärten können unter Auflagen wieder aufmachen, ebenso Gottesdienste und Gebetsversammlungen. Wie es grundsätzlich im Kulturbetrieb weitergehen soll, ist möglicherweise ebenfalls Gegenstand der Beratungen am 06.05.2020.

Tracing-App 

In der Beschlussvorlage wird die "doppelte Freiwilligkeit" des Einsatzes sowie einer möglichen Datenweitergabe an das Robert-Koch-Institut betont. Geben BürgerInnen die Daten nicht frei, habe dies keinen negativen Einfluss auf die Nutzungsmöglichkeiten der App. Ein konkreter Termin zur Einführung der App wird nach wie vor nicht genannt.

Industrie und Mittelstand

Da man weiterhin in der Pandemie lebe, müssten nicht erforderliche Kontakte in der Belegschaft und mit Kunden vermieden werden. Zugleich müssten allgemeine Hygienemaßnahmen umgesetzt und die Infektionsrisiken bei erforderlichen Kontakten durch besondere Maßnahmen minimiert werden. Die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden sowie die Unfallversicherungsträger sollen die Unternehmen dabei beraten und Kontrollen durchführen.

Tourismus und Gastronomie

Viele BürgerInnen fragen sich, wohin sie im Sommer in den Urlaub fahren können. Fernreisen dürften schwierig werden. Aber schon vor den Beratungen am 05.05. ist klar: Urlaubmachen an der deutschen Nord- und Ostsee und in Bayern soll möglich sein. Die Wirtschaftsminister der Länder streben unter Auflagen in einem Korridor von 9. bis 22. Mai eine bundesweite kontrollierte Öffnung des Gastgewerbes an. Für touristische Beherbergungen wird demnach eine Öffnung bis Ende Mai angepeilt.

PendlerInnen

Nachdem es wegen Grenzschließungen Streit mit Nachbarländern wie Luxemburg, der Schweiz, Polen und Frankreich gibt, könnte das Thema weitere Grenzöffnungen für PendlerInnen in der Runde aufgerufen werden. Dabei soll es zunächst nicht um Tourismus gehen.

Folgende Bereiche sollen die Länder unter Beachtung des jeweiligen Infektionsgeschehens und landesspezifischer Besonderheiten selbstverantwortlich regeln. Grundlage dafür seien die gemeinsamen Hygiene- und Abstandskonzepte der jeweiligen Fachministerkonferenzen: "Kontaktbeschränkungen, Vorlesungsbetrieb an Hochschulen, Übergang der Kinderbetreuung in den eingeschränkten Regelbetrieb gemäß Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz, Volkshochschulen, Musikschulen und sonstige öffentliche und private Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich, Gastronomiebetriebe, Bars, Clubs und Diskotheken, Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen (Übernachtungsangebote für private Reisen), Messen, Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe, Theater, Opern, Konzerthäuser und ähnliche Einrichtungen, Sportbetrieb in allen öffentlichen und privaten Indoor-Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen, Betrieb von sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wiederaufnahme von Wettkampf- und Leistungssport, Kleinere öffentliche oder private Veranstaltungen oder Feiern sowie
Veranstaltungen ohne Festcharakter, Kinos, Freizeitparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen, Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen."