ForscherInnen gehen davon aus, dass global zwischen 5% und 34% aller Menschen am Syndrom des trockenen Auges leiden. Bislang verfügbare Medikamente schlagen jedoch nicht bei jedem an. Die Lösung für dieses Problem könnten jetzt Antikörper-basierte Augentropfen bringen.
Das Sicca-Syndrom führt zu trockenen Flächen auf der Hornhaut, die unter anderem zu Rissen oder Narben führen können. In den schlimmsten Fällen kann die Erkrankung schmerzende Augen und Lichtempfindlichkeit verursachen und somit die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Die Ursachen der Krankheit können weitreichend sein, von mangelnder Tränenflüssigkeitsproduktion bis zur beeinträchtigten Tränenqualität.
Einigen ForscherInnen ist allerdings aufgefallen, dass bei manchen Menschen eine Autoimmunkomponente eine Rolle zu spielen scheint und infolgedessen das Immunsystem das gesunde Gewebe angreift. Aus diesem Grund verbrachte ein Forscherteam aus Chicago die letzten Jahre damit, mehr über die Krankheit und ihre potenzielle Behandlung in Erfahrung zu bringen. Dr. Sandeep Jain, der leitende Studienautor, äußerte sich: "Derzeit gibt es für das Sicca-Syndrom nur zwei zugelassene Medikamente. Die zeigen allerdings nicht bei allen Menschen Wirkung, besonders nicht bei schwer betroffenen."
In einer früheren Untersuchung fand das Forschungsteam von Dr. Jain heraus, dass Neutrophile sogenannte "Neutrophil Extracellular Traps", kurz NET, produzieren, die sich über die Oberfläche der Hornhaut ziehen. Die ForscherInnen erkannten, dass im Hinblick auf das Sicca-Syndrom NET die Produktion von Autoantiköpern zu verursachen schienen.
Die WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass diese Autoantikörper mitverantwortlich für Entzündungen sind, die das Sicca-Syndrom verursachen und dieses in einigen Fällen so schwer behandelbar machen. Vor diesem Hintergrund entwickelte das Forschungsteam Antikörper-haltige Augentropfen gegen die Wirkung von ACPAs.
Im Rahmen ihrer Untersuchungen nutzten die ForscherInnen modifizierte Antikörper, die sie aus menschlichem Immunglobulin schufen. Nachdem sie bei Mäusen festgestellt hatten, dass die Augentropfen effektiv und sicher waren, begannen die WissenschaftlerInnen mit menschlichen Testversuchen. Dafür wurde eine zufällige, Placebo-kontrollierte klinische Studie geschaffen. Daran nahmen 27 TeilnehmerInnen mit verschiedenen Formen des Sicca-Syndroms teil.
Eine Hälfte der StudienteilnehmerInnen erhielt die mit Antikörpern modifizierten Augentropfen, während die Kontrollgruppe Augentropfen ohne Modifikation erhielt. Alle ProbandInnen sollten 8 Wochen lang zweimal täglich jeweils einen Tropfen pro Auge einnehmen.
Um die Wirkung der Augentropfen nachzuverfolgen, mussten die StudienteilnehmerInnen Fragebögen ausfüllen. Zusätzlich überprüften die ForscherInnen vor, während und nach den Untersuchungen den Zustand der Hornhaut und beobachteten die Auswirkungen von inflammatorischen Biomarkern auf der Augenoberfläche.
Dabei stellte das Forschungsteam die erhofften Vorteile bei der Nutzung der Antikörper-haltigen Augentropfen fest. Dr. Sandeep Jain merkte an: "Studienteilnehmer, die die modifizierten Augentropfen nutzen, berichteten seltener von Augenproblemen. Außerdem waren ihre Hornhäute in gesünderer Verfassung."
Im Vergleich zur Kontrollgruppe wiesen die NutzerInnen der Antikörper-Augentropfen einen verringerten Hornhautschaden und eine geringere Menge an Entzündungsbiomarkern auf. Zusätzlich berichteten diese StudienteilnehmerInnen selbst über deutliche Verbesserungen.
Auch wenn es sich bei den Untersuchungen um eine vorläufige Studie handelt und die Anzahl der StudienteilnehmerInnen gering war, geben die Ergebnisse Dr. Jain Hoffnung: "Die Resultate legen nahe, dass die Antikörper-haltigen Augentropfen für eine sichere und effektive Behandlung des Sicca-Syndroms geeignet sind. Wir freuen uns bereits auf umfangreichere Studien, um diese Wirkung endgültig nachzuweisen."
Quelle:
Kwona J et al., Pathological consequences of anti-citrullinated protein antibodies in tear fluid and therapeutic potential of pooled human immune globulin-eye drops in dry eye disease. The Ocular Surface 2019; https://doi.org/10.1016/j.jtos.2019.10.004