Die niedersächsische Ärztekammerpräsidentin will beim Deutschen Ärztetag Nachfolgerin von Bundeschef Frank Ulrich Montgomery werden. Ein besonderes Anliegen für sie ist die Nachwuchsgewinnung.
Angesichts des Medizinermangels vor allem in ländlichen Regionen fordert Niedersachsens Ärztekammerpräsidentin Martina Wenker mindestens 2.000 zusätzliche Medizinstudienplätze in Deutschland. "Wir brauchen mehr Köpfe, weil immer mehr Ärzte freiwillig in Teilzeit arbeiten", sagte die Umweltmedizinerin, die in der kommenden Woche beim Deutschen Ärztetag für das Amt an der Spitze der Bundesärztekammer kandidiert.
Derzeit gibt es bundesweit etwa 10.000 Humanmedizin-Studienplätze. Wenker zufolge spüren Ärzte immer mehr Zeitdruck, egal wo sie Patienten behandeln. "Dieser Druck muss raus. Nur wenn wir selbst gesund und ausgeruht sind, können wir anderen Menschen helfen."
Ein Leitthema des Ärztetages in Münster lautet: "Wenn die Arbeit Ärzte krank macht." Viele Kolleginnen und Kollegen berichteten schon in jungen Jahren von einer Erschöpfungssymptomatik, beobachtet Wenker. "Viele junge Berufseinsteiger in Deutschland entscheiden sich bereits früh für eine Tätigkeit außerhalb der Patientenversorgung oder werden in Ländern mit attraktiveren Arbeitsbedingungen tätig", sagte die Oberärztin einer Lungenklinik in Hildesheim, die seit acht Jahren auch Vizepräsidentin der Bundesärztekammer ist.
Der Ausbau der Studienplätze ist Ländersache. Niedersachsen will bis zu 200 neue Medizinstudienplätze schaffen. "Ich begrüße sehr, dass unsere Forderungen hier landespolitisches Gehör finden", sagte Wenker. Dies sei auch eine Kraftanstrengung.
An der European Medical School in Oldenburg können schon zu diesem Wintersemester 40 zusätzliche Studienanfänger starten. Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) will die Voraussetzung für 50 neue Plätze schaffen. Darüber hinaus sollen mit dem geplanten Klinischen Campus Braunschweig 60 bisher nur an der Universitätsmedizin Göttingen angebotene Teilstudienplätze in Vollstudienplätze umgewandelt werden. "Wenn dieses Modell gut wird, könnte es eine Blaupause für andere Orte in Deutschland sein", meinte Wenker. Auch Bremen erwägt den Aufbau eines Medizinstudienganges.
Sollte sie die Wahl zur Bundesärztekammerpräsidentin gewinnen, will sich die 60-Jährige darüber hinaus verstärkt um die Themen Medizinethik und Digitalisierung kümmern. Neben Wenker haben drei Männer ihre Kandidatur angekündigt: der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Gerald Quitterer, der Allgemeinmediziner Klaus Reinhardt aus Bielefeld sowie Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin. Frank Ulrich Montgomery, seit 2011 Präsident der Bundesärztekammer, tritt nicht erneut an. Wenker wäre die erste Frau an der Spitze des höchsten Gremiums der ärztlichen Selbstverwaltung.