Bei Fahrten mit dem Rettungswagen geht es um Minuten. Ein besserer Informationsaustausch zwischen Notarzt und Kliniken soll kostbare Zeit bringen. Rund ein Viertel der Krankenhäuser in Niedersachsen macht schon mit - nun kommen die Kliniken an der Nordseeküste dazu.
Niedersachsens neue Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) will die Notaufnahmen der Kliniken im Land entlasten. Dafür soll ein Modell, das derzeit unter anderem in der Region Hannover läuft, ausgeweitet werden. Dabei erkennen Rettungssanitäter über eine spezielle Software, welches Krankenhaus in der Nähe Kapazitäten und Betten frei hat. "Gleichzeitig können sich die Notaufnahmen auf den Patienten vorbereiten", sagte Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) der Bild (Mittwoch).
Mit dem System Ivena wird derzeit im Emsland, in Nordhorn, der Region um Oldenburg, dem Kreis Vechta, in Osnabrück, der Region Hannover und im Heidekreis gearbeitet. Im Januar startet die Nordseeküste mit Emden, Friesland und Wilhelmshaven. Ende 2018 könnten bis zu 90 Prozent der niedersächsischen Krankenhäuser abgedeckt sein.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Hannover sind bislang in Niedersachsen 50 Krankenhäuser an dem Modell beteiligt, das sind rund ein Viertel aller Kliniken im Land. "Wir wollen das Ivena-Projekt ausdehnen", erklärte Reimann.
Die Software zeigt die aktuell vorhandenen Versorgungskapazitäten von Krankenhäusern, damit die Helfer im Rettungswagen in Echtzeit sehen können, wo ein Patient die schnellste Behandlung bekommen kann. Über das webbasierte System wird die Kommunikation zwischen Kliniken, Rettungs-Leitstelle und Rettungswagen gesteuert. Für Rettungswagen sollen damit überflüssige Fahrten zu überlasteten Krankenhäusern und aufwendige Telefonabfragen entfallen, wo freie Kapazitäten sind.
Der Geschäftsführer des Ivena-Systemherstellers Mainis, Gerrit Wiegand, sagte, in Hessen gebe es das System bereits landesweit. "Die Erfahrungen sind durchweg gut." Sowohl auf dem Land als auch in der Stadt ändere sich das Entscheidungsverhalten der Rettungswagenbesatzungen, weil sie einen besseren Überblick hätten, welche Häuser angefahren werden könnten. "Da ist man bereit, ein paar Minuten mehr zu fahren, aber dafür zu wissen, die nehmen mir den Patienten auch ab."
Über das System melden die Rettungsleitstellen und die Rettungswagen ihre Patienten mit genauer Definition der Erkrankung an. Die Krankenhäuser melden über das System die freien oder überlasteten Kapazitäten an. Das gehe bis in die kleinsten organisatorische Einheit, etwa, ob ein OP oder ein beatmetes Intensivbett verfügbar ist, oder zu welchen Zeiten ein Kernspinntomograph verfügbar ist. Die Notfallambulanzen können dann gezielter angefahren werden und sich auch schon auf den Patienten vorbereiten.
Auch in weiteren Bereichen könne die Medizin von der digitalen Entwicklung profitieren, betonte Reimann - etwa bei Online-Sprechstunden, bei denen Arzt und Patient über das Internet kommunizieren.