Nützliche Apps für Klinik und Praxis

Derzeitige und künftige Möglichkeiten digitaler Techniken wie Apps zur Diagnose- und Therapiesteuerung sowie zur Wissensvermittlung stellte Dr. Friedrich Overkamp, Hamburg, in einem Expertenseminar beim DGHO-2017-Kongress in Stuttgart vor.

Experten über die Helfer zur "digitalen Selbstvermessung"

Derzeitige und künftige Möglichkeiten digitaler Techniken wie Apps zur Diagnose- und Therapiesteuerung sowie zur Wissensvermittlung stellte Dr. Friedrich Overkamp, Hamburg, in einem Expertenseminar beim DGHO-2017-Kongress in Stuttgart vor.

Praxis und Krankenhaus müssen nach Ansicht von Overkamp konsequent digitalisiert sein. Die EDV übernimmt Routinetätigkeit und Logistikoptimierung. Anamnesetools mit Tabletts und Diktiersoftware sind weitere digitale Helfer, die Behandlungszeiten optimieren können. Als Beispiele für hilfreiche Apps nannte Overkamp Apps zur Optimierung der Diagnostik, zur Therapielogistik, zur Adhärenzkontrolle und zur Optimierung der Nachsorge.

Ein Beispiel aus der Onkologie ist das digitale Patiententagebuch CANKADO, mit dem der Patient regelmäßig die Medikamenteneinnahme, sein Wohlbefinden und seine Lebensqualität dokumentieren und seinem Arzt mitteilen kann. Zudem bietet das System weiterführende Funktionen zur Adhärenzsteigerung bei oraler Behandlung an. Ein solches webbasiertes Monitoring von Patienten mit Krebserkrankungen kann das Outcome positiv beeinflussen. So zeigte eine in der Plenarsitzung beim ASCO-Kongress 2017 vorgestellte und in JAMA als Research Letter publizierte Studie, dass das webbasierte Monitoring von Symptomen im Rahmen einer ambulanten Chemotherapie gegenüber der Standardbetreuung mit einem Überlebensvorteil assoziiert ist.

Dokumentation von Symptomen

766 Patienten mit verschiedenen Tumorerkrankungen und Metastasen waren randomisiert einem der beiden Arme zugeordnet worden. Die Patienten der Interventionsgruppe gaben während der Chemotherapie wöchentlich anhand einer 5-Punkte-Skala das Ausmaß von 12 vorher festgelegten Symptomen an. Studienteilnehmer, die über ihre Symptome webbasiert berichteten, lebten nach einer Nachbeobachtungszeit von 7 Jahren im Median 5 Monate länger als die Patienten der Vergleichsgruppe (31,2 vs. 26,0 Monate; p = 0,03). Diese monozentrisch gewonnenen Ergebnisse sollen nun in einer multizentrischen Studie verifiziert werden.

Auch Krankenkassen interessieren sich zunehmend für Apps als Helfer bei der Therapie. Mit Tinnitracks steht zum Beispiel eine App zur Verfügung, die der Arzt verordnen kann. Der Anwender muss seine Tinnitus-Frequenz eingeben und kann dann seine Lieblingsmusik entsprechend filtern lassen. Das Anhören der so aufbereiteten Musik kann – wie in Studien gezeigt werden konnte – den Tinnitus lindern.

Die meisten Menschen besitzen ein Smartphone und nutzen Apps. Mittlerweile gibt es auf dem Markt ein breites Angebot von Helfern zur "digitalen Selbstvermessung", die von der Lifestyle-App bis hin zu medizinischen Produkten reichen. Einen umfangreichen Überblick für Gesundheitsapps bietet die Plattform HealthOn.

Internet-basierte Arzt-Patientenkommunikation

Overkamp sieht ein großes Potenzial in Internet-basierter Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Neben dem bereits erwähnten webbasierten Monitoring können Vitalwerte, wie Gewicht, Blutzucker, Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung digital an den behandelnden Arzt weitergegeben werden. Hauterkrankungen können fotografiert und zum Arzt geschickt werden, der eine Diagnose stellt und falls erforderlich eine Therapie empfiehlt. Overkamp: "90 Prozent der Hauterkrankungen könnte man durch Betrachten eines digitalen Bildes erkennen, davon könnten 70 Prozent ohne Arztbesuch behandelt werden." Er berichtete von einem entsprechenden Projekt in Kenia, in dem es erheblich an Hautärzten mangelt. Auch auf Kreuzfahrtschiffen kann eine Diagnose mit digitaler Hilfe sinnvoll sein. So habe die AIDA-Flotte einen entsprechenden Kooperationsvertrag mit der Universitäts-Hautklinik in Kiel.

Apps zur Wissensvermittlung

Einen Quantensprung gab es nach Aussage von Overkamp in der Vermittlung von onkologischem Wissen. So war er maßgeblich an der Implementierung von Onkopedia beteiligt, welches er als "supergutes Tool" bezeichnete. Bedauerlicherweise sei Onkopedia nicht innovativ. Moderne digitale Techniken sind im Portal www.onkowissen.de umfassend umgesetzt, das derzeit kontinuierlich ausgebaut wird. Dieses Wissensportal hat sich aus der Weiterbildungsinitiative "Nierenzellkarzinom im Dialog" der Firma Novartis entwickelt. Das Portal besteht aus verschiedenen Apps zu unterschiedlichen Themenbereichen. Sie sind passwortgeschützt (DocCheck oder Onkowissen-Zugang). Derzeit sind im Wissensportal die Bereiche Nierenzellkarzinom und Mammakarzinom verfügbar. Die Supportive Therapie soll in Kürze zur Verfügung stehen. Für die inhaltliche Richtigkeit stehen jeweils zahlreiche Experten des Fachgebiets aus der akademischen Welt zur Verfügung. Zusätzlich sind entsprechende Fachgesellschaften eingebunden. Finanziell unterstützt werden die Apps Nierenzellkarzinom und Mammakarzinom von Novartis, die App zur Supportiven Therapie von Riemser Pharma. Wie Overkamp betonte, ist jedoch die inhaltliche Neutralität gewährleistet.

Referenz:
Overkamp F. Nützliche Apps. DGHO 2017, Stuttgart, 30. September 2017.