Mit Sport können Frauen nach den Wechseljahren einem Mineralverlust im Knochen entgegenwirken. Doch welche Sportarten sind am ehesten geeignet, um einer Osteoporose vorzubeugen?
Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe um Professor Dr. Wolfgang Kemmler von der Friedrich-Alexander-
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden etwa 30 Prozent aller Frauen nach den Wechseljahren unter Osteoporose. Infolge der Hormonumstellung kommt es zu einem Östrogenmangel und der Mineralgehalt der Knochen sinkt. Die Mikroarchitektur des Knochengewebes verändert sich; der Knochen wird insgesamt brüchiger. Körperliches Training stellt eine wichtige vorbeugende Maßnahme dar, weil es den Stoffwechsel im Knochen anregt. Außerdem hilft körperliche Fitness, Stürze im Alter und damit verbundene Verletzungen zu vermeiden.
Die Antwort auf die Frage, welches Training sich am besten eignet, ist unter Expertinnen und Experten jedoch umstritten. Das Autorenteam hat Studien gesichtet, die sich mit dem optimalen Trainingsplan für Frauen nach den Wechseljahren befasst hatten. Insgesamt 75 wissenschaftliche Arbeiten, die bis März 2019 erschienen sind, sind in ihre prämierte Übersichtsarbeit eingeflossen.
Die meisten der Studien befassten sich mit einer "gewichtstragenden aeroben" Belastung. Gemeint sind damit vor allem Walken und Joggen. Beide Sportarten tragen dazu bei, die körperliche Ausdauer zu trainieren. Durch die aufrechte Haltung werden gleichzeitig die Knochen belastet. Ein anderes bereits gut untersuchtes Bewegungskonzept ist das "dynamische Krafttraining". Hierbei sollen vor allem die Muskeln gestärkt werden, die die Knochen stützen und die Gelenke bewegen. Sprünge, High-Impact Aerobic oder Hüpfen haben den positiven Effekt, den Knochenstoffwechsel durch regelmäßige Erschütterungen anzuregen. Alle drei Konzepte wurden in wissenschaftlichen Arbeiten sowohl für sich als auch in Kombination untersucht. Eine weitere bereits erforschte Alternative ist Tai Chi. Die langsamen, meditativen Bewegungen des "Schattenboxens verbessern vor allem den Gleichgewichtssinn. Dadurch lassen sich Stürze und damit Knochenbrüche im Alter verhindern.
"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich alle Bewegungskonzepte, die in den Studien untersucht wurden, positiv auf die Knochendichte ausgewirkt haben", erklären Erstautorin Mahdieh Shojaa und ihre KollegInnen. So dokumentierten die Arbeiten insgesamt eine Zunahme der Knochendichte in der Lendenwirbelsäule und im Oberschenkelhals, die am stärksten durch Knochenbrüche gefährdet sind. Die Preisträger geben die Effektstärke, wie in Meta-Analysen üblich, als standardisierte Mittelwertdifferenz (SMD) an. Der Gesamteffekt lag für die Lendenwirbelsäule bei 0,37 SMD und für den Oberschenkelhals bei 0,33 SMD, was einem mittleren Nutzen entspricht. Am besten für die Wirbelsäule geeignet scheint eine Kombination aus Ausdauer- und Kraftsport mit einem (leichten) Sprung-Training zu sein (SMD 0,71). Der Oberschenkelhals profitierte am ehesten von einem reinen Krafttraining (SMD 0,68). Doch auch jede Trainingsart für sich hatte einen positiven Effekt, Tai Chi eingeschlossen. Für Frauen nach den Wechseljahren bedeutet dies, dass grundsätzlich jeglicher Sport – mit Ausnahme exzessiver Ausdauerbeanspruchung – dem Knochenabbau entgegenwirken kann.
Quelle: M. Shojaa, S. von Stengel, D. Schoene, M. Kohl, W. Kemmler: Effekte verschiedener Trainingsformen auf den Knochenmineralgehalt postmenopausaler Frauen: Eine systematische Übersicht und Meta-Analyse. Osteologie 2020; 29 (3); S. 179–193