Parkinson: Neue Methode, um Moleküle nachzuweisen

Morbus Parkinson wird oft erst nach dem Auftreten von Symptomen wie Zittern oder Sprachstörungen diagnostiziert. Eine Forschungsgruppe der University of Pennsylvania hat einen innovativen Ansatz entwickelt, mit dem sich bestimmte Proteinaggregate im Gehirn nachweisen lassen, bevor es zu Schädigungen des Gehirns kommt. Damit könnten neurodegenerative Erkrankungen früher erkannt und behandelt werden.

Tracer sollen Proteinaggregate abbilden

Morbus Parkinson wird oft erst nach dem Auftreten von Symptomen wie Zittern oder Sprachstörungen diagnostiziert. Eine Forschungsgruppe der University of Pennsylvania hat einen innovativen Ansatz entwickelt, mit dem sich bestimmte Proteinaggregate im Gehirn nachweisen lassen, bevor es zu Schädigungen des Gehirn kommt. Damit könnten neurodegenerative Erkrankungen früher erkannt und behandelt werden.1

Morbus Parkinson – diese Diagnose bekommen in den USA 200.000 Menschen pro Jahr2, in Deutschland sind es zwischen 8.800 und 15.2003. Meist ist die Krankheit dann bereits weit fortgeschritten und schwere Symptome wie Zittern oder Sprachstörungen sind ständige Begleiter der PatientInnen. Könnte man biologische Moleküle abbilden, die ein Fortschreiten der Erkrankung anzeigen, könnte man Parkinson und weitere neurologische Erkrankungen früher erkennen und behandeln - bevor es zu irreversiblen Schädigungen des Gehirns kommt. Drei WissenschaftlerInnen von der University of Pennsylvania ist dies gelungen. Virginia Lee ist Professorin für Alzheimer-Forschung in der Abteilung für Pathologie und Labormedizin an der University of Pennsylvania, Robert H. Mach ist Professor für Radiologie und E. James Petersson ist Professor für Chemie. 

Zwar wurde bereits vor mehr als 20 Jahren das Alpha-Synuklein-Protein identifiziert, das sich bei Parkinson-Erkrankten als Aggregat im Gehirn bildet, es gab bisher aber keine Methode, um dieses abzubilden. Dafür sind radioaktive Medikamente (Tracer) nötig, die bei der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) verwendet werden. Sie binden sich an bestimmte Proteine und zeigen Bereiche des Körpers, die eine höhere chemische Aktivität aufweisen, was auf eine Erkrankung hindeutet. Mach und seine Mitstreiter haben bereits mehrere Jahre lang mit der Michael J. Fox-Foundation zusammengearbeitet, um einen Alpha-Synuklein-Tracer zu entwickeln. Doch ohne Daten über die Struktur des Proteins konnten sie keine passenden Kandidaten für eine Untersuchung finden.

Zusammenspiel zwischen Chemie und Radiologie

Hier kam Petersson ins Spiel. Mach und Petersson kombinierten ihr Wissen aus der Radiochemie und dem Protein-Engineering und konnten mithilfe von Instrumenten aus der computergestützten Chemie Alpha-Synuklein-Tracer entwickeln. Damit konnten sie herausfinden, wo auf dem Alpha-Synuklein-Protein potentielle Tracermoleküle gebunden werden können. Das war wichtig, um Moleküle zu entdecken und zu entwerfen, die spezifisch für Alpha-Synuklein sein würden.

Für die neue Studie wurde eine Hochdurchsatz-Berechnungsmethode entwickelt, durch die Millionen von Kandidatenmolekülen gescreent wurden. Das sollte zeigen, welche von ihnen sich an die bekannten Bindungsstellen auf dem Alpha-Synuklein binden. Dafür wird zunächst ein "Exemplar" abstrahiert, ein Pseudo-Molekül, das perfekt an die Bindungsstelle von Alpha-Synuklein passt. Dann wird dieses Exemplar mit tatsächlichen Molekülen verglichen und jene erkannt, welche eine ähnliche Struktur aufweisen. Mit weiteren Computerprogrammen grenzten die Forschenden die Liste der Kandidaten für die Tests im Labor ein.

Am Ende wurden 20 vielversprechende Kandidaten aus den 7 Millionen Substanzen ausgewählt, um die Leistung ihrer Screening-Methode zu bewerten. Zwei von ihnen wiesen eine extrem hohe Bindungsaffinität zu Alpha-Synuklein auf. Das wurde an Hirngewebe von Mäusen aus dem Labor von Lee untersucht.

Mithilfe einer Förderung werden Petersson, Mach, Lee und ihre Mitarbeitenden nun PET-Tracer für Parkinson und andere neurodegenerative Erkrankungen entwickeln. "Ich sehe dies wirklich als eine Veränderung in der Art und Weise, wie wir PET-Sonden entwickeln", sagt Mach. "Die Bedeutung liegt darin, dass wir in der Lage sind, Millionen von Verbindungen innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums zu screenen.“

Quelle: 
1. Identification of a nanomolar affinity α-synuclein fibril imaging probe by ultra-high throughput in silico screening 

John J. Ferrie, Zsofia Lengyel-Zhand, Bieneke Janssen, Marshall G. Lougee, Sam Giannakoulias, Chia-Ju Hsieh, Vinayak Cishnu Pagar, Chi-Chang Weng, Hong Xu, Thomas J. A. Graham. Virginia M.-Y- Lee, Robert H. Mach, E. James Petersson

Chemical Science, first published on September 10, 2020
2. https://www.eurekalert.org/pub_releases/2020-09/uop-rdn092120.php
3. https://www.parkinson-aktuell.de/was-ist-parkinson/haeufigkeit-und-formen-von-parkinson