Die Immuntherapie von Krebserkrankungen ist mittlerweile bei verschiedenen Tumorentitäten etabliert. Aktuelle Ergebnisse zur Behandlung mit PD1-Inhibitoren sowie Ausblicke auf künftige Strategien wurden bei einem Satellitensymposium beim DGHO-Kongress 2017 in Stuttgart vorgestellt und diskutiert.
Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat mit dem PD1-Antikörper Pembrolizumab im Mai 2017 erstmals ein Krebsmedikament zur Zweitlinien-Behandlung von allen soliden Tumoren mit bestimmten genetischen Veränderungen zugelassen. Die behandelbaren Tumoren zeichnen sich durch eine hohe Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) oder eine defiziente Mismatch Reparatur (dMMR) aus. Sie finden sich vor allem im Kolon und Rektum, im Endometrium und im Gastrointestinaltrakt. Dies deutet an, welche Möglichkeiten sich mit einer Immuntherapie eröffnen, erklärte Prof. Dr. Florian Lordick, Universitätsklinik Leipzig. Zudem verspricht man sich künftig von Kombinationen der Immuntherapeutika mit anderen zielgerichteten Substanzen, Chemotherapie und/oder Strahlentherapie weitere Fortschritte.
Ein individualisierter Therapieansatz setzt eine akkurate Gewebediagnostik sowie eine Bestimmung der immunhistochemischen Marker voraus, betonte Univ.-Prof. Dr. Michael Thomas, Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg. Patienten mit einem NSCLC vom Nichtplattenepitheltyp sollten auf therapierbare onkogene Veränderungen gescreent werden, wie EGFR-Mutationen, BRAFV600-Mutationen sowie ALK- oder ROS1-Translokationen. Ein weiterführendes molekulares Screening wird für seltene behandelbare Veränderungen bei Nichtrauchern mit Adenokarzinom empfohlen. Unabhängig vom histologischen Befund ist die PD-L1-Expression in allen Fällen ohne bekannte onkogene Veränderung zu analysieren.
Liegt eine PD-L1-Expression ≥ 50 % vor, kann der PD1-Inhibitor Pembrolizumab in der Erst- oder Zweitlinientherapie eingesetzt werden. Zulassungsrelevant waren u. a. die Ergebnisse der Phase-III-Studie KEYNOTE-024. Randomisiert erhielten 305 unbehandelte Patienten mit metastasiertem NSCLC mit und ohne Plattenepithelhistologie, die PDL1 stark exprimierten, Pembrolizumab 200 mg alle drei Wochen oder vier bis sechs Zyklen einer platinhaltigen Chemotherapie. Der primäre Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) war unter Pembrolizumab signifikant und eindeutig verbessert mit einem Hazard-Ratio (HR) von 0,50 (95 %-KI 0,37-0,68, p < 0,001). Der Nutzen von Pembrolizumab war in allen Subgruppen nachweisbar. Auch der sekundäre Endpunkt Gesamtüberleben (OS) war in der Pembrolizumab-Gruppe mit einem HR von 0,60 (p = 0,005) signifikant verbessert. Follow-Up-Daten zeigten eine anhaltende günstige Wirkung von Pembrolizumab auf das OS, nach 18 Monaten lebten noch 61,2 % der Pembrolizumab-Patienten und 43,0 % in der Chemotherapie-Gruppe.
Von der KEYNOTE-024-Studie liegen nach einem medianen Follow-Up von 19 Monaten nun auch erstmals Daten zum PFS2 vor. Das PFS2 ist ein klinischer Endpunkt, der das progressionsfreie Überleben der Patienten über die Erst- und Zweitlinientherapie und dadurch auch den Effekt der nachfolgenden Therapielinie auf die Krankheitskontrolle erfasst. Die Analyse des PFS2 wird u. a. empfohlen, um den Effekt eines Crossovers auf die OS-Daten zu erkennen und um zu sehen, welche Behandlung die Wirksamkeit der Therapie in der nächsten Linie negativ oder positiv beeinflusst. Wie die beim ASCO 2017 von Brahmer et al. vorgestellte Analyse zeigte, war das PFS2 bei Patienten nach Zweitlinientherapie, die als erste Behandlung Pembrolizumab erhalten hatten, mit im Median 18,3 Monaten signifikant länger als bei Vorbehandlung mit Chemotherapie mit 8,4 Monaten (HR 0,54, p < 0,001). Nach den Ergebnissen einer ebenfalls beim ASCO 2017 vorgestellten retrospektiven Analyse von Leger et al. wirkte eine Salvage-Monochemotherapie nach Versagen der Vortherapie dann besser, wenn die Patienten zuvor mit einem PD-1-/PD-L1-Inhibitor behandelt worden waren.
Nach Aussage von Univ.-Prof. Dr. Martin Schuler, Innere Klinik der Universitätsklinikums Essen, können Kombinationen mit Immuntherapeutika in der Erst- und Zweitlinienbehandlung sowie bei spezieller Tumorbiologie des NSCLC sinnvoll sein. In der Kohorte G der KEYNOTE-021-Studie wurden 123 NSCLC Patienten ohne aktivierende Mutationen randomisiert mit Pembrolizumab plus Carboplatin/Pemetrexed oder nur mit der Chemotherapie behandelt. Unter der Immuntherapie-Chemotherapie-Kombination verbesserte sich das PFS im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie (HR 0,59). Schuler sieht das als Signal, das solche Kombinationen sinnvoll sein könnten. Der Therapieansatz wird derzeit in weiteren Studien wie der KEYNOTE-189 und der KEYNOTE-407 untersucht.
Nach Interimsergebnissen der Phase-III-Studie PACIFIC verlängerte eine Konsolidierungsbehandlung mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab nach Radiochemotherapie bei Patienten mit nicht resezierbarem fortgeschrittenem NSCLC das PFS von 5,6 Monaten unter Placebo auf 16,8 Monate (HR 0,52, p < 0,0001).
Untersucht werden auch Kombinationen immunmodulatorischer Wirkstoffe, wie die Kombination aus dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab mit dem CTLA4-Antikörper Tremelimumab sowie die Kombination von Pembrolizumab mit dem oralen IDO1-Enzyminhibitor Epacadostat. Das Enzym Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) wirkt immunsuppressiv, bei Gabe von Epacadostat wird diese Immunsuppression vermindert.
Auch bei anderen soliden Tumoren wie dem Urothelkarzinom werden, so Prof. Dr. Viktor Grünwald, Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der MH Hannover, Kombinationen geprüft, so in der Erstlinientherapie eine Kombination von Pembrolizumab mit Chemotherapie und in der Erst- und Zweitlinientherapie die Kombination mit Epacadostat. "Sie erweitern das zukünftige Spektrum", so Grünwalds Fazit.
Referenz:
Satellitensymposium "Der Neue Weg: Personalisierte Immunonkologie", beim DGHO-Kongress 2017, Stuttgart, 1. Oktober 2017.