Ein Pferd am Krankenbett: Mit einer ungewöhnlichen Aktion hat das Klinikum in Fürth einer sterbenden Frau den letzten Wunsch erfüllt.
Als hätte Dana gewusst, dass dieses Treffen etwas Besonderes ist, stand sie ganz still. Die 15 Jahre alte Stute sei "schnurstracks" ans Bett ihrer früheren Pflegerin gelaufen und habe die 58-Jährige eine halbe Stunde lang angeschaut, berichtet Danas Besitzerin Rita Froschauer. "Andere Pferde hätten sich eine Wiese zum Fressen gesucht." Froschauer und das Team des Klinikums in Fürth haben mit einer ungewöhnlichen Aktion einer sterbenden MS-Patientin ihren letzten Wunsch erfüllt: Sie brachten das Islandpferd in den Hof des Krankenhauses - und stellten das Krankenbett der Frau daneben.
"Ich habe ihre Hand immer wieder auf Dana drauf gelegt", erzählt Froschauer am Donnerstag von der Aktion in der Vorwoche. Nach einer Weile habe man sehen können, wie sich die 58-Jährige entspannte. Auch Josef Rauch, Teamleiter der Palliativstation, sagt: Man habe ihre Freude bemerkt, sie sei ruhiger und gelöster gewesen. "Alle hatten das Gefühl, dass es ihr geholfen hat, loszulassen und in Frieden zu gehen", sagt der 48-Jährige.
Auf die "Schnapsidee" gekommen, sei man spontan. "Eigentlich war der Plan, die Patientin noch einmal in den Stall zu bringen, wo sie viel Zeit verbracht hat", berichtet Rauch. Dann habe sich ihr Zustand aber sehr schnell verschlechtert. Daher habe er gedacht: "Wenn wir nicht zum Pferd kommen können, vielleicht kann das Pferd zu uns kommen."
Stallbesitzerin Froschauer hat nicht lange überlegt. Es war "überhaupt keine Frage, das zu machen", sagt die 51-Jährige. Sie kenne die ganze Familie der Frau. "Pferde waren ihr Lebensinhalt." Jahrelang habe sie ein eigenes Pferd gehabt. Als dieses starb, habe die 58-Jährige die Pflege von Dana übernommen. "Soweit sie es gesundheitlich noch konnte, hat sie sich um sie gekümmert, sie gefüttert und geputzt. Sie hat immer geschaut, dass sie bei den Pferden ist." So habe sie die Stute in den Anhänger gesteckt und sei mit ihr ins rund 15 Kilometer entfernte Klinikum gefahren.
Die Situation sei für sie nicht leicht gewesen, erzählt Froschauer. Noch immer gehe es ihr sehr nah. Nur drei Tage später starb die Patientin. Auf ihr Pferd - und mit welcher Ruhe es diesen besonderen Moment für die 58-Jährige möglich gemacht hat -, ist die Besitzerin stolz: "Dana ist kein normales Pferd, sie ist was Besonderes."
Die Idee des Klinikums fand Froschauer "einfach toll". "Wenn so etwas möglich ist - ich würde es immer wieder tun." Auch viele andere hat die Aktion bewegt. Fast 12.000 Menschen gefällt der Beitrag des Krankenhauses bereits im sozialen Netzwerk Facebook, viele haben ihn geteilt. Ein Nutzer schrieb: "Klasse Aktion, mehr davon!!" Und eine Nutzerin: "Auch ohne einen einzigen mitwirkenden persönlich zu kennen... Gibt's sowas wie den Himmel, so habt ihr euch eines Tages die flauschigste Wolke verdient. Solche Menschen sind Gold wert."
Mit einem so großen Echo habe die Klinik nicht gerechnet, sagt Sprecher René Icgen. Immer wieder versuche die Palliativstation, Patienten noch etwas Gutes zu tun. "Kleine Wünsche erfüllen wir sehr oft. Das gehört dazu", sagt Rauch. Oft seien es kleine Dinge: Noch einmal in den Park fahren und die Sonne genießen, noch einmal die eigene Katze streicheln. Sogar Hochzeiten wurden auf der Station organisiert. Und persönliche Videobotschaften der Komödianten Volker Heißmann und Martin Rassau sowie vom Eishockey-Team Ice Tigers.
"Es gibt da für uns keine Grenzen", sagt Sprecher Icgen. Um solche Aktionen zu finanzieren, gebe es einen Förderverein, der Spenden sammelt. "Die Leute sind aber in der Regel so ergriffen und machen das umsonst, da möchte keiner Geld mit verdienen."
Viele der mehr als 200 Hospize in Deutschland versuchen, den Sterbenden noch einen letzten Wunsch zu erfüllen. Auch das Würzburger Juliusspital holte schon einmal ein Pony ins Haus - für einen 81-jährigen Krebspatienten. Und der Malteser Hilfsdienst ist mit einem "Herzenswunsch-Krankenwagen" in dieser Mission unterwegs.
"Manchmal zeigt sich, dass da noch was offen ist", sagt Josef Rauch. Neben den Patienten helfen solche Aktionen auch den Angehörigen. "Sie können nur dastehen und zugucken." Das sei oft schwer zu ertragen. "Wenn sie sehen, dass man den letzten Weg ihrer Liebsten würdevoll gestalten will, entlastet sie das sehr." Auch die Schwester der 58-Jährigen sei glücklich gewesen, dass diese letzte Begegnung möglich war und ihre Schwester friedvoll gehen konnte.