Beim Ausbruch der Vogelgrippe gibt es oftmals nur eine Methode, um die Infektionskrankheit einzudämmen – die Tötung der Nutzvögel. Eine schnell erzeugbare und kostengünstige "pflanzliche Impfung" könnte hier jedoch bald eine neuartige Alternative bieten.
Zoonosen sind eine Quelle immer wieder neu auftretender Infektionskrankheiten, welche von Tieren auf den Menschen übertragen werden können. Eine der bekanntesten Zoonosen ist vermutlich die Vogelgrippe, ein hochpathogenes Influenza A-Virus, das durch Direktkontakt auch auf den Menschen übergehen kann.
Aufgrund der schnellen und einfachen Verbreitung mithilfe der Vögel und der damit verbundenen Pandemie-Gefahr, gibt es beständige Bestrebungen, den Infektions-Erreger dieser Grippe einzudämmen. Impfungen dienen dem Aufbau von Resistenzen gegenüber Infektionen, und sie reduzieren die Gefahr weiterer Ansteckungen. In der Veterinärmedizin gibt es daher einen Bedarf für kosteneffektive Vakzine, die das Wohl der Tiere fördern und zoonotische Erkrankungen, wie die Vogelgrippe, bekämpfen.
Anfang dieses Jahres ist ein neues Projekt des Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben und des Institute of Biotechnology (IBT) in Hanoi, Vietnam, angelaufen. Zusammen mit der vietnamesischen Firma NAVETCO, welche auf dem Gebiet der Vogelgrippe-Vakzinierung aktiv ist, arbeiten die Partner-Institute an der schnellen und kostengünstigen Erzeugung von Vakzinen gegen Vogelgrippeerreger.
Neben der Gefährdung von Tieren und Menschen können Vogelgrippeepidemien die Geflügelfleisch- und Eierproduktion von ganzen Regionen erheblich beeinflussen. Bisherige Bemühungen, Vogelgrippeausbrüche einzudämmen, führten weltweit zum Töten von vielen Millionen Nutzvögeln. Doch gerade in Entwicklungsländern, wo die Geflügelproduktion einen maßgeblichen Beitrag zur Ernährung leistet, sträuben sich Tierhalter gegen diese Eindämmungsmaßnahme.
Die Einführung einer kostengünstigen und zuverlässigen Vakzinierung als Prophylaxe oder als Notfallimpfung ist sicher ein sinnvolles Werkzeug, um die Ansteckungsrate bei Vogelgrippe zu verringern. Doch um auf neue Ausbrüche reagieren zu können, müssten passende Vakzine schnellstmöglich entwickelt und zur Verfügung gestellt werden. Die klassische Erzeugung von Impfstoffen in embryonierten Hühnereiern dauert allerdings fünf bis sechs Monate.
Eine moderne Alternative ist die Erzeugung von sogenannten „subunit vaccines“ in Pflanzen. Die Vorteile dieses Verfahrens sind nicht nur kurze Produktionszeiten, die eine schnelle Anpassung an sich verändernde Viren im Feld ermöglichen, sondern auch niedrige Produktionskosten, einfache Skalierbarkeit und niedrige Infrastrukturkosten. Den ForscherInnen gelang es nun, Hämagglutininmultimere, spezielle Vogelgrippeantigene, in Tabakpflanzen (Nicotianabenthamiana) zu produzieren und deren neutralisierende Immunantworten in Mäusen nachzuweisen.
Als nächster Schritt sind derzeit Challenge-Versuche an Hühnern geplant, welche die Robustheit des entwickelten Verfahrens in der Praxis testen sollen. Das langfristige Ziel der ForscherInnen ist dabei die Entwicklung einer in Pflanzen erzeugten Peptidvakzine gegen Vogelgrippeviren. Mit dieser hoffen sie bald, eine neue Methode zur Eindämmung und Vorbeugung von weiteren Vogelgrippe-Pandemien anbieten zu können.