Drogenkonsum und der medizinische Gebrauch von psychotropen Substanzen stellen nicht nur in Zeiten von COVID-19 oft diskutierte und umstrittene Themen dar. Dr. Andrea Jungaberle spricht über ihre Einsätze als Notärztin, psychedelische Forschung und darüber, was sich ändern müsste.
Mit einem neuen Infotainment-Format und einem Augenzwinkern widmet sich unser e4yp-Team all den unterschiedlichen Themen und Tätigkeitsfeldern rund um den Klinikbetrieb. Dreh- und Angelpunkt der Serie "Herolds Flurfunk" ist Hausmeister Herold, Vertreter seiner Zunft in siebter Generation und mit einem offenen Ohr für die Belange des Klinikpersonals.
Genau rechtzeitig zum zweiten Lockdown kommt bei Herolds Flurfunk ein Thema auf den Tisch, das schon im diesjährigen Corona-Sommer heiß diskutiert wurde: Die Schließung von Clubs und die damit einhergehenden Nebenwirkungen für die betroffenen Communities. Bei seiner Vertretungsnachtschicht bekommt Herold nämlich Besuch von Dr. Andrea Jungaberle, Mitbegründerin der MIND FOUNDATION und professionell Tausendsassa. Sie spricht mit ihm über Drogenkonsum und die Wirkung psychotroper Substanzen, ihre Tätigkeit als Notärztin, über Anästhesie, psychedelische Forschung und ihre Karriere. Klingt spannend? Ist es auch!
Vor allem in der Hauptstadt ist nach Ansicht von Andrea Jungaberle eine Entwicklung immer häufiger zu beobachten: "Die Polytox-Nummer wird immer mehr hier in Berlin." Besonders auch Drogen mit Wechselwirkung würden immer häufiger gleichzeitig konsumiert - zum Beispiel Kokain und Ketamin. Auch die Schließungen von Clubs in der Corona-Krise führten zu einem unkontrollierten Konsum, von den Parks bis in Privatwohnungen. "Das ist nicht besser, als wenn die in den Clubs stehen, ganz ehrlich." Dort gäbe es nämlich eine Infrastruktur und das Personal fühle sich verantwortlich. Die Notärztin sieht auch grundsätzlich Änderungsbedarf hinsichtlich der Drogenpolitik in Deutschland: "Also diese Einteilung - legal und illegal - ist kompletter Bullshit. Die ist rein auf Gewohnheit basierend und auf gefühlter moralischer Überlegenheit von ein paar Leuten." Sie nennt ein Beispiel: "Jemand müsste 600 Gramm Gras in 15 Minuten durchziehen, um sich umzubringen. Das schaffst du gar nicht. Mit zwei Flaschen Vodka schafft das jeder Teenie, wenn's drauf ankommt."
In Bezug auf Freizeitkonsum seien Drug Checking oder Harm Reduction probate Mittel, um Risiken zu minimieren, erfährt Hausmeister Herold von Andrea. Viele Personen brächten sich vor allem dadurch in Gefahr, dass sie sich der Wirkungen der von ihnen konsumierten Substanzen überhaupt nicht bewusst seien. Grundsätzlich, so Andrea, sollte man den Umgang mit Drogen am besten bereits zu Schulzeiten thematisieren: "Ich denke, genau wie man mit seinen Kindern früh genug über Verhütung und Sexualität reden sollte, sollte man grade auch in der Großstadt auch ganz früh anfangen, mit seinen Kids über Drogen zu reden."
In einer groß angelegten Studie unter der Leitung von Prof. Dr. med. Gerhard Gründer, Mannheim, in Zusammenarbeit mit der Berliner Charité und der MIND Foundation soll die therapeutische Wirkung von Psilocybin bei der Behandlung schwerer Depressionen erforscht werden. Der therapeutische Nutzen psychoaktiver Substanzen sollte insgesamt in Deutschland weitreichender erforscht werden, fordert die Medizinerin. Andere Länder, wie beispielsweise die USA oder die Schweiz, seien in dieser Hinsicht weit voraus. So belegen Studienergebnisse bereits, dass durch die Gabe von Psilocybin in Kombination mit (psycho-)therapeutischen Verfahren Depressionen und Ängste bei schwer Erkrankten deutlich und langfristig abnehmen.