Präzisionsmedizin in der pädiatrischen Onkologie

Eine molekulare Charakterisierung von Tumorproben kann bei kindlichen wie erwachsenen Krebserkrankten, die einen Rückfall erlitten haben, neue therapeutische Ansätze eröffnen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie eines deutschen Forschungsteams.

Neue therapeutische Ansätze durch molekulare Charakterisierung von Tumorproben

Eine molekulare Charakterisierung von Tumorproben kann bei kindlichen wie erwachsenen Krebserkrankten, die einen Rückfall erlitten haben, neue therapeutische Ansätze eröffnen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie eines deutschen Forschungsteams.

Im Rahmen des ASCO 2020 stellte Prof. Cornelis van Tilburg vom Hopp Kindertumorenzentrum die Studie INdividualized therapy FOr children with Relapsed Malignancies (INFORM) vor. Ziel der Studie war es, den therapeutischen Nutzen von Präzisionsonkologie in der Pädiatrie auszuwerten. Hierfür wurden molekulare Ziele einer (Off-Label-)Behandlung und potentielle Biomarker für klinische Studien oder andere Anwendungszwecke identifiziert und diagnostische Verfahren präzisiert. Für ihre Untersuchungen griffen die Forschenden auf die Daten 72 verschiedener Einrichtungen in 8 Ländern zurück.

Sämtliche Tumorproben wurden im Rahmen der Studie in Heidelberg molekular analysiert und gemeinsam mit Fachleuten aus der pädiatrischen Onkologie diskutiert. Ein vom Forschungsteam entwickelter Algorithmus wurde anschließend einer 7-stufigen, vordefinierten Prioritätsskala zugeordnet, die auf der Verschiebbarkeit, dem Veränderungstypen und der spezifischen Evidenz beziehungsweise Relevanz basiert. Fundierend auf den verfügbaren klinischen Studien, vom Algorithmus vorgeschlagenen Off-Label-Optionen und anderen konventionellen Therapien legten die jeweils behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Behandlungsart fest.

Algorithmus sagt Ansprechen auf eine bestimmte Therapie genau vorher

Insgesamt wurden 526 Kinder analysiert, von denen 149 passende zielgerichtete Medikamente erhielten. Bei 377 Patientinnen und Patienten konnte der Algorithmus kein zielgerichtetes Medikament erkennen. Zwanzig Patienten wurden als höchste Prioritätsstufe eingestuft und erhielten mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Folgebehandlung. 17 Kinder (3,2%) wurden in klinische Studien aufgenommen. Bei vierzig Kindern (7,6%) wurde eine potentielle Krebs-Prädispositionssyndrome erkannt und ihren Familien wurde eine genetische Beratung angeboten. Bei 8% der Kinder mit Hirntumoren konnte die Diagnose durch molekulare Analysen verfeinert werden.

In einer Subgruppenanalyse von Kindern, deren Tumoren eine "sehr hohe Prioritätsstufe" für ein passendes zielgerichtetes Medikament hatten, wurde ein verlängertes und signifikantes progressionsfreies Überleben beobachtet (204 Tage vs. 114 Tage; P=0,0093). Nach Ansicht des Forschungsteam weist dies daraufhin, dass der Algorithmus das Ansprechen auf eine bestimmte Therapie genau vorhersagt. Trotz der limitierten Studiengröße und der höchst heterogenen Studienkohorte erkennen die Forschenden somit einen klinischen Wert für eine genaue molekulare Profilerstellung bei einer Untergruppe pädiatrischer Patientinnen und Patienten mit schlechter Prognose.

Quelle:
Van Tilburg CM, et al. INFORM study examining use of precision medicine for pediatric cancers with poor prognosis. ASCO Virtual Meeting, 29-31 May 2020, Abstract LBA10503.