Das nicht metastasierte kleinzellige Lungenkarzinom lässt sich – in Kombination mit einer Chemotherapie – ebenso gut mit einer einmal täglichen Radiotherapie für sechseinhalb Wochen wie mit einer zweimal täglichen Bestrahlung für drei Wochen behandeln.
Diese Ergebnisse – aus einer CANCER RESEARCH UK-finanzierten klinischen Studie, die auf der ASCO Cancer Conference vorgestellt wurden – implizieren, dass Patienten und Ärzte gemeinsam wählen können, welche Therapieform ihnen am ehesten zusagt.
Ziel der CONVERT-Studie – die umfassendste Studie, die jemals an diesem Patientengut durchgeführt wurde – war es, ein möglichst optimales Therapieregime zu etablieren, und zwar mit der Maßgabe, Patienten mit einem kleinzelligen Lungenkarzinom sowohl radio- als auch chemotherapeutisch zu behandeln.
Im Rahmen der Studie konnte auch gezeigt werden, dass Patienten mit einem kleinzelligen Lungenkarzinom länger und ohne kompromittierende Nebenwirkungen durch die verfolgte Therapie überleben als vorangegangene Studien konstatierten – eine Tatsache, die modernisierten Techniken auf dem Gebiet der Radiotherapie zu verdanken ist.
Rund 550 Patienten aus allen Teilen der Welt wurden in zwei Gruppen aufgeteilt – wovon die eine über drei Wochen hinweg zweimal täglich einer Radiotherapie unterzogen wurde und die andere einmal täglich mit einer höheren Dosis über insgesamt sechseinhalb Wochen die Radiotherapie erhielt. Zusätzlich bekamen alle Patienten Chemotherapie.
Wissenschaftler der Universität von Manchester und des Christie Hospitals sowie ihre Kollegen aus Frankreich, Spanien, Belgien, den Niederlanden, Polen, Slowenien und Kanada verglichen Überlebensraten und Nebenwirkungen aus beiden Therapieregimen miteinander.
Sie fanden heraus, dass das Überleben in beiden Gruppen ähnlich war: Die Zwei-Jahres-Überlebensrate der Patienten, die zweimal täglich Radiotherapie bekamen, lag bei 56 Prozent, während die Zwei-Jahres-Überlebensrate in der Gruppe, die einmal täglich bestrahlt wurde, bei 51 Prozent lag.
Interessanterweise waren die entscheidendsten Nebenwirkungen durch die Radiotherapie in beiden Gruppen ähnlich, abgesehen von der Neutropenie – einer Schwäche des Immunsystems bedingt durch einen Mangel an neutrophilen Granulozyten im Blut. Eine Neutropenie gab es häufiger in der Gruppe zu verzeichnen, die zweimal täglich bestrahlt wurde: 74 Prozent der Patienten, die zweimal täglich einer Radiotherapie unterzogen wurden, litten im Verlauf an einer Neutropenie, während nur 65 Prozent der Patienten, die einmal täglich bestrahlt wurden, neutropen wurden.
Die Ergebnisse der Studie sprechen für eine einmal beziehungsweise zweimal täglich angesetzte Radiotherapie in Kombination mit einer simultanen Chemotherapie als Goldstandard-Therapie für Patienten mit einem nicht metastasierten kleinzelligen Lungenkarzinom. Das bedeutet, dass Patienten und Ärzte künftig gemeinsam individuelle Therapiepläne erstellen können – mit Rücksicht auf Präferenzen des einzelnen Patienten sowie Gegebenheiten des jeweiligen Klinikums.
Bisher gab es keinen Konsens über eine etablierte Strahlendosis für ein entweder ein- oder zweimal tägliches Therapieregime. Die vorliegende Studie konnte jedoch eine optimale Strahlendosis von 66 Gy für eine einmal tägliche Gabe und von 45 Gy für eine zweimal tägliche Gabe identifizieren.
Obwohl für die Studie eine Follow-Up-Phase von fünf Jahren vorgesehen ist, haben die Studienergebnisse sowohl in Großbritannien als auch in anderen Ländern eine veränderte klinische Praxis etabliert.
Frau Prof. Corinne Faivre-Finn, Studienleiterin und von Cancer Research UK finanzierte Wissenschaftlerin der Universität von Manchester und des Christie Hospitals, erklärte: “In der Zeit vor unserer Studie war es unklar, ob es Patienten hinsichtlich eines verlängerten Überlebens eher half, ein- oder zweimal täglich Radiotherapie zu bekommen. Ebenso wenig war klar, mit welchem Ausmaß an Nebenwirkungen in Bezug auf moderne radiotherapeutische Techniken zu rechnen war.”
“Wir sind erfreut, Antworten auf diese Fragen liefern zu können, und unsere Studienergebnisse haben bereits begonnen, die klinische Praxis auf internationaler Ebene zu verändern. Basierend auf unseren Resultaten, werden Patienten mit kleinzelligem Lungenkarzinom zwischen einer kürzeren Periode mit einmal täglicher Bestrahlung und einem längeren Regime mit zweimal täglicher Radiotherapie wählen können.”
Jane Jepson, 51-jährige Großmutter aus Southport, die vor vier Jahren an der CONVERT-Studie teilnahm und für drei Wochen zweimal täglich Radiotherapie bekam, sagte: “Es ist großartig, die tollen Neuigkeiten aus der Studie zu hören, und ich freue mich sehr darüber, Teil eines Prozesses gewesen zu sein, der verändern wird, wie Patienten mit meinem Krankheitsbild in Zukunft behandelt werden. Bei mir wurde im August 2012 ein kleinzelliges Lungenkarzinom diagnostiziert – ich wurde ursprünglich wegen einer Nierenbeckenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert, aber ein Röntgenbild zeigte damals eine Veränderung in meiner Lunge.”
“Nach meiner Behandlung habe ich geheiratet, meine Enkeltochter ist inzwischen vier Jahre alt geworden und ich bekomme bald noch ein Enkelkind dazu. Eigentlich sollte ich gar nicht mehr hier sein, aber das bin ich. Und ich bin jedem, der an meiner Therapie beteiligt war, unendlich dankbar.”
Dr. Ian Walker, Leiter der Abteilung für klinische Forschung von Cancer Research UK, sagte: “Herauszufinden, wie man Therapieformen wie die Radiation angemessen einsetzt, ist ein entscheidender Aspekt in der Krebstherapie. Bevor wir mit unserer Studie begannen, gab es ein paar wenige große klinische Studien dieser Art zum Thema kleinzelliges Lungenkarzinom. Das Outcome für das Patientengut mit dieser Diagnose war lange Zeit sehr unbefriedigend. Daher steigern wir bei Cancer Research UK unsere Investitionen zur Forschung auf diesem Gebiet beträchtlich, und wir sind hocherfreut darüber, dass unsere CONVERT-Studie zu einer entscheidenden Veränderung in der Behandlung dieser Patienten geführt hat.”
Die Organisation Cancer Strategy for England hat großflächig auf nationaler Ebene zur Finanzierung dringend benötigter Erneuerung und Ersetzung veralteten radiotherapeutischen Equipments aufgerufen – eine Zusage von Seiten der Regierung und NHS England steht derzeit noch aus.